Die Reductionsmethode von Turner.
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Die Henry’sehe Methode ist zweifellos eine der einfachsten und
elegantesten, besitzt jedoch auch gewisse Mängel, infolge deren der
höchste Grad von Genauigkeit der Reduction wohl nicht erreicht werden
kann. Unvorteilhaft ist es, dass die Sterne, welche den zu vereinigenden
Aufnahmen gemeinsam sind, ganz in den Ecken der Platten liegen, auf
welche wegen ihrer Deformation nicht so gut eingestellt werden kann,
als auf die andern Sterne. Ferner ist, wie Donner gezeigt hat, der
Umstand ungünstig, dass die Correction des Bogenwerthes fast ausschliess
lich auf den .r-Ooordinaten beruht und diejenige der Neigung nur auf den
?/-Coordinaten.
Ganz neuerdings hat Donner*) eine Reductionsmethode angegeben,
welche auf einem ähnlichen Principe beruht wie die Henry’sehe,
aber von den erwähnten Mängeln frei ist. Dies hat aber wiederum die
Methode viel complicirter gestaltet und die Rechnungsarbeit beträchtlich
vermehrt.
Die Reductionsmethode von Turner**). Wir kommen hiermit
zur Besprechung einer Methode, welche vor allen andern bisher behan
delten den grossen Vorzug einer ganz ausserordentlichen Einfachheit hat,
so dass die nothwendigen Rechnungen auf einen kleinen Bruchtlieil der
sonst erforderlichen beschränkt bleiben. Sie hat dafür den Nachtheil,
nicht völlig streng zu sein; in der grossen Mehrzahl der Fälle ist dieser Nach
theil jedoch vielleicht bedeutungslos, da die zu Grunde zu legenden Oerter
der Anhaltsterne ebenfalls nicht streng richtig sind. Für die Praxis hat
es keinen Zweck, in der Reduction die Hundertstel oder halben Zehntel
der Bogensecunde richtig zu halten, wenn die Fundamente um einzelne
Zehntel unrichtig sind, ja wenn im Durchschnitt sogar die ganze Secunde
nicht verbürgt werden kann. Mit Recht ist allerdings der Astronom geneigt,
auch in solchen Fällen durch die Rechnung keine neuen Fehlerquellen
einzuführen, ist es doch gerade diese Exactheit, welche die astronomische
Wissenschaft in ihre hervorragende Stellung gehoben hat; befindet man
sich aber der Wahl gegenüber, unter Innehaltung dieses Princips vielleicht
nur den zehnten Theil derjenigen Arbeit liefern zu können, welche man
ohne praktische Schädigung des Endzieles bei Ausserachtlassung des
Princips leisten würde, so ist es doch fraglich, ob nicht im zweiten Falle
für die Wissenschaft ein beträchtlich grösserer Nutzen erzielt wird, als
im ersten.
*) Sur le Rattachement de Clichés Astrophotographiques. Acta Soc. Scient.
Fennicae 21, Nr. 8, 1896. Die Donner’sche Methode konnte leider nicht mehr in
das Buch mit aufgenommen werden.
**J Observatory 16, 373.