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II. Die photographische Photometrie
Umständen schon dem blossen Auge sichtbar werden können. Es scheint
so, als oh gerade das stärkere Zusammenballen der Körner die grössere
Empfindlichkeit der Platten bedingt; es lässt sich vorstellen, dass, wenn
nur eines der zusammengeballten Körner durch die Belichtung afficirt
wird, sich die Fähigkeit des Beducirtwerdens im Entwickler auch allen
sich berührenden Körnern mittheilt, während sie sonst auf das isolirte
Korn beschränkt geblieben wäre.
Worin eigentlich die Wirkung des Lichts auf das Bromsilber besteht,
ist zur Zeit noch nicht bekannt; doch hat man verschiedene Hypothesen
hierüber aufgestellt. Einige nehmen an, dass thatsächlich eine chemische
Umwandlung des Bromsilbers, welches für gewöhnlich durch reducirende
Mittel, wie z. B. oxalsaures Eisen, Pyrogallussäure etc., nicht zersetzbar ist,
in eine andere Verbindung, in das Silbersubbromid stattfindet, welch
letzteres dann leicht reducirbar ist. Von anderer Seite ist die Hypothese
aufgestellt worden, dass das Bromsilber durch die Belichtung in eine
Modification desselben umgewandelt wird, ohne chemische Veränderung.
Analoge Beispiele dieser Art giebt es ja viele; charakteristisch ist z. B.
die durch Wärme zu bewirkende Umsetzung des röthen Jodquecksilbers
in die gelbe Modification, welche ihrerseits wieder durch mechanischen
Druck zuriickverwandelt wird.
Es giebt indessen einen Umstand, auf den man bisher bei der vor
liegenden Frage nur wenig geachtet hat, der, meiner Meinung nach, gegen
die beiden vorstehenden Hypothesen spricht und dafür an eine andere
denken lässt, welche ich hier mit allem Vorbehalte angeben möchte.
Bei sehr starker Belichtung tritt eine Ausscheidung des Silbers direct
ein, ohne die sonst nothwendige Entwicklung. Der entstehende Nieder
schlag ist zwar niemals so kräftig, wie der bei normaler Belichtung durch
die Entwicklung hervorgebrachte; das ist aber auch nicht zu erwarten,
da die Ausscheidungen erst bei so starken Belichtungen eintreten, dass
eine sehr beträchtliche Solarisation vorhanden ist, bei welcher auch durch
Entwicklung der Niederschlag nur sehr matt sein würde. Es ist nun
zunächst die wahrscheinlichste Annahme, dass zwischen der Entwicklungs
und der directen Methode der Silberausscheidung kein materieller, sondern
nur ein gradueller Unterschied besteht, d. h., dass auch schon bei schwacher
Belichtung die Silberausscheidung bei den betreffenden Körnern in ge
ringem Masse stattgefunden hat, die nun durch den Entwickler bis zur
völligen Zersetzung des ganzen Kornes fortgesetzt wird. Es würde dies
ein ähnlicher Vorgang sein, wie bei der Krystallisation, die, nachdem der
erste Anstoss dazu gegeben ist, unter geeigneten Verhältnissen sehr schnell
zu Ende geführt wird.
Welches nun auch der eigentliche Vorgang sein mag, jedenfalls ist