Die Venusdurchgänge von 1874 und 1882.
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nauigkeit und sind speciell von Newcomb*) angestellt und bei den ameri
kanischen Beobachtungen berücksichtigt worden. Theilweise wenigstens
ist dies auch von Seiten der französischen Astronomen geschehen, von
allen anderen Ländern aber gar nicht oder nur in sehr geringem Masse.
Darüber, dass die bei früheren Venusdurchgängen allein angewandte Me
thode der Parallaxenbestimmung aus den Contactbeobachtungen keinen
genügenden Genauigkeitsgrad erwarten liess, auch bei photographischer
Fixirung dieser Momente, war man im allgemeinen klar, da die photo
graphische Feststellung des Contactes nicht allein vom wirklichen Contactc
abhängig ist, sondern von der photographischen Irradiation, also von Ex
positionsdauer, Sonnenhöhe und dergl. Es konnten nur die Messungen
der Distanzen der Mittelpunkte von Sonne und Venus und der Positions
winkel zum Ziele führen. Bei Verwendung der Photographie konnte dann
nach Newcomb die Aufgabe in folgende drei Tlieile zerlegt werden:
1) Ein Bild der Sonnenscheibe mit der Venus so aufzunehmen, dass
aus den Begrenzungen der beiden Scheiben die Punkte auf der photo
graphischen Platte, welche den Centren der Scheiben entsprechen, mit
einem hohen Genauigkeitsgrade ermittelt werden können.
2) Es müssen Mittel vorhanden sein, die auf den Platten in linearem
Masse gemessene Distanz in Winkeldistanz umzurechnen.
3) Es muss auf der Platte eine Anhaltlinie vorhanden sein, aus wel
cher der Positionswinkel der beiden Mittelpunkte bestimmt werden kann.
Wie aus dem Capitel über die Heliographen zu ersehen ist, genügen
diese Instrumente alle zur Lösung dieser drei Aufgaben, sofern es sich um
die Genauigkeit handelt, welche für Positionsbestimmungen auf der Sonnen
scheibe erforderlich und bei den stets unregelmässig gestalteten und ihre
Form stark wechselnden Objecten möglich ist. Die bei Venusdurch
gängen erforderliche Genauigkeit ist aber eine ungleich höhere, wenn
die resultirende Parallaxe gegenüber auf anderen Wegen ermittelten
Werthen stimmfähig sein soll. Die beim Durchgänge von 1874 zu mes
sende Distanz der beiden Scheibencentra ist aber 50 mal grösser als der
mittlere Effect der Parallaxe an den verschiedenen Stationen; die Parall
axe wird also als Differenz zwischen zwei grossen Quantitäten bestimmt,
und ein Fehler, der die ganze gemessene Distanz in einem bestimmten
Verhältnisse beeinflusst, wirkt auf die Parallaxe in einem 50 mal grösseren
Verhältnisse, und hieraus ist ohne Weiteres klar, welcher Anspruch von
Genauigkeit z. B. an die Bestimmung des Bogenwertkes, der die ge
messenen Distanzen constant beeinflusst, erhoben werden muss. Newcomb
verlangt, dass für jede Station oder jedes Instrument der constante Fehler
*) Papers relating to the Transit of Venus in 1874, 1. Washington 1872.