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III. Geschichte der Himmelsphotographie.
nung und 2.10 m Brennweite. Dieses Objectiv wurde mit einer hölzernen
photogTaphischen Camera auf dem Bohre eines kleinen Aequatoreals der
Pariser Sternwarte angebracht. Das Fernrohr des Aequatoreals selbst
diente als Sucher resp. Leitfernrohr, und es gelang, bei einer Expositions
zeit von 45 Minuten Sterne bis zur 12. Grösse*) aufzunehmen, wobei
die Definition der Bilder eine so vorzügliche war, dass Doppelsteme
von 1"8 Distanz noch getrennt werden konnten. Diese erfolgreichen Ver
suche veranlassten die Gebrüder Henry nunmehr, ein photographisches
Fernrohr in grossen Dimensionen herzustellen und an demselben gleich
zeitig die von ihnen als nothwendig erkannten mechanischen Verbesserungen
anzubringen. Sie verfertigten zu diesem Zwecke ein für die photogra
phischen Strahlen achromatisirtes Objectiv von 34 cm Oeffnung und einer
Brennweite von 3.43 m, also mit einem Brennweitenverhältnisse von 1:10,
wie es bisher bei einfachen achromatischen Linsen wohl noch nicht in
Anwendung gekommen war. Bei der gewählten Focalweite entspricht
einer Bogenminute ein linearer Werth von 1 mm. Als Leitfernrohr ver
wandten sie ein für die optischen Strahlen achromatisirtes Objectiv von
24 cm Oeffnung und von nahe der gleichen Brennweite wie das photo
graphische. Die wesentlichste Vervollkommnung besteht nun darin, dass
sowohl das photographische Instrument als auch das Leitfernrohr in dem
selben Bohre angebracht sind, beide nur durch eine dünne Scheidewand
getrennt. Wie an anderer Stelle, pag. 96, aus einander gesetzt, ist
diese Einrichtung die einzige, welche ein strenges Halten der Sterne,
frei von den Fehlern der Durchbiegung etc., ermöglicht. Das Doppel
fernrohr wurde als englisches Aequatoreal montirt, wobei zwar der Pol
selbst nicht zu erreichen ist, wohl aber ein ungehinderter Uebergang von
der einen Seite des Meridians auf die andere stattfinden kann.
Um mit Sicherheit die Bilder schwacher Sterne von zufälligen Feh
lern der empfindlichen Schicht unterscheiden zu können, verwandten die
Gebrüder Henry in etwas modificirter Weise ein bereits von Butherfurd
vorgeschlagenes und benutztes Verfahren. Sie machten drei Aufnahmen
derselben Gegend auf derselben Platte bei geringer Verstellung, so dass
jeder Stern ein kleines gleichseitiges Dreieck von 3" bis 4” Seitenlänge
bildet. Die Erfahrung hat inzwischen gelehrt, dass bei der Ausmessung
der Platten unter dem Mikroskop auch bei einfachen Aufnahmen Ver
wechslungen von Sternen mit Fleckchen u. dgl. nicht leicht Vorkommen,
so dass die allerdings noch etwas vermehrte Sicherheit durch den drei
fachen Zeitaufwand doch allzu theuer erkauft ist. Uebrigens soll nicht
verhehlt werden, dass die dreifachen Aufnahmen noch für einen anderen
*) Ueber die Grüssenangaben der Pariser Astronomen siehe pag. 238.