14
aus Schwierigkeiten, deren Ueberwindung unmöglich schien.
Aber er ließ sich dadurch doch nicht abschrecken; vielmehr
gab er, wo er die Unmöglichkeit vollen Verständnisses ein
sah, die Bemühungen dasselbe zu erlangen, vorläufig auf
und ging weiter in der Hoffnung, durch das Spätere Aus
klärung über Früheres zu erhalten. Darin täuschte er sich
nun nicht, er bemerkte in der That, daß ihm im Fort
schreiten das Verstehen allmälig leichter wurde, daß es ihm
immer mehr und mehr gelang, sich in die Vortragsweise
Laplace's hineinzufinden; und so arbeitete er sich durch die
zwei ersten Bände der Mécanique céleste durch. Wer die
Schwierigkeiten kennt, die sich dem Lernenden meistentheils
schon bei dem Uebergange von der niederen Mathematik zu
der Analysis des Unendlichen darbieten und bedenkt, wie
sehr sich diese Schwierigkeiten mehren, wenn der Lernende
gleich gezwungen ist, sich auf einen so hohen Standpunkt
stellen, wie ihn Laplace in der Mécanique céleste ein
nimmt, der wird zugeben, daß nur ein ganz ungewöhn
licher Geist die Aufgabe zu lösen im Staude war, welche
Bessel sich hier gestellt hatte.
Diese Studien füllten die beiden letzten Jahre von Bes-
sel's Aufenthalt in Bremen, bis in den Anfang des Jahres
1806 aus. Unsere Bewunderung für ihn steigert sich aber
noch, wenn wir hören, daß er sich denselben keinesweges
einzig und allein hingeben konnte. Im Gegentheile war
er täglich von 8 Uhr Morgens bis 8 Uhr Abends mit
Ausnahme von höchstens zwei bis drei Stunden von den
Geschäften seines Handelshauses in Anspruch genommen.
Wollte er nicht der Bewegung in freier Luft und dem Um
gänge mit Freunden gänzlich entsagen, so mußten die Nächte
zu Hülfe genommen werden; und so studirte Bessel denn