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fand einmal, als er eines Abends aus einer Gesellschaft
nach Hause kam, dte ihm von Olbers zugesandten Beobach
tungen eines neuen Cometen vor und berechnete daraus in
der kurzen Zeit von 10 bis 2 Uhr Nachts die Elemente der
Bahn des Cometen, mit denen er andern Morgens um 8
Uhr Olbers überraschte. Dieses Zusammentreffen mathe
matischer Kraft und großer Fertigkeit im numerischen Rech
nen ist noch heute etwas höchst Seltenes, indem fast regel
mäßig die bedeutenden Mathematiker schlechte Rechner sind.
Olbers erwähnt während seines Aufenthaltes in Paris im
Jahre 1812*), daß die dortigen Mathematiker und Astro
nomen Lagrange, Laplace, Poisson diese Vereinigung zweier
Eigenschaften an Bessel und gleichzeitig an dessen großem
Zeitgenossen Gauß vorzugsweise bewundert hätten und fügt
hinzu, daß als einst in einer Gesellschaft davon die Rede
war, die Gemahlinn des Physikers Biot Poisson den Vor
wurf gemacht habe, ihre Köchinn könne besser rechnen als
er. Poisson habe dieß auch ruhig eingestanden und sich
gutmüthig von Madame Biot in den einfachsten Rechen-
erempeln eraminiren lassen.
Mit allem ausgerüstet, was die theoretische Lösung der
astronomischen Probleme erfordern mochte, verband nun
Bessel zugleich die ausgezeichnetste Beobachtungsgabe, und
durch diese Vereinigung ist er eigentlich der Schöpfer der
neueren Beobachtungskunst geworden. Es ging dieß noth
wendig aus dem Streben hervor, das ihn auch noch in
späteren Jahren wie in seiner Jugend beseelte, dem Streben
nämlich, die Resultate kennen zu lernen, welche Beobach
tungen oder theoretische Untersuchungen liefern konnten.
y Briefwechsel pag. 334.