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guten und nützlichen Werke so herabzusetzen, dass sie
dieselben oft sogar mit den Beinamen von Fehlern und
Lastern belegen. Während niemand für sie schafft,
schaffen auch sie für niemanden; denn sie bringen nichts
anderes zu Wege, als über die guten Werke zu schimpfen.
Inzwischen leben sie doch von den guten Werken
solcher, die für andere gearbeitet haben als für sie,
die Tempel, Kapellen, Hospitäler, Kollegien und Universi
täten für andere gestiftet haben; folglich sind sie offene
Räuber und Okkupanten fremder Erbgüter, die sie solchen
wegnehmen, die, wenn sie auch selber gerade nicht voll
kommen oder so gut sind, wie sie sein sollten, denn doch
nicht so schlecht und gemeinschädlich sind, wie jene, viel
mehr unentbehrlich für das Gemeinwesen, erfahren in den
spekulativen Wissenschaften, nach der Sittlichkeit streben
und bemüht sind, den Eifer und die Sorge des Nächsten
für den Nächsten zu vermehren, und die Gesellschaft zu
erhalten, zu deren Erhaltung und Förderung alle Gesetze
gegeben sind, indem sie für die Wohlthäter der Gesell
schaft gewisse Belohnungen, für die Verbrecher gewisse
Strafen ansetzen.
Jene Sorte aber, die behauptet, dass sich
ihre ganze Sorge auf unsichtbare Dinge
richte, welche weder sie selber noch andere
jemals begreifen werden, behauptet, dass zur
Erlangung derselben allein die unabänderliche
Gnadenwahl des Schicksals genüge durch Ver
mittlung gewisser Affekte und Einbildungen,
deren die Götter sich hauptsächlich erfreuten.“
„Darnach“, sagte Merkur, „sollte es doch nicht ihren
Arger erregen oder gar ihren Zorn aufstacheln, dass andere
glauben, die Werke seien erforderlich; denn das Schicksal
dieser muss ja 1 ) ebensogut vorausbestimmt sein, wie das
derjenigen, die das Gegenteil glauben, und muss unver
änderlich sein, wenn auch ihr Glaube oder Unglaube sich
verändert und bald die eine, bald die andere Gestalt
b Verhöhnung der theologischen reformierten Lehre von der
Prädestination.
Kulilenbeck, Giordano Bruno.
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