das zu verbessern und zu erhalten, was auf Bethätigung
guter Werke abzielt;, soll man doch einen Baum nicht
nach seinem Laube, sondern nach seinen Früchten be
urteilen, und ein solcher, der keine gute Frucht hervor
bringt, muss vernichtet werden und einem anderen Platz
machen, der sie hervorbringt. Man glaube doch nicht,
dass die Götter sich interessiert fühlen für Dinge, für
welche kein Mensch sich interessiert fühlt; die Götter
kümmern sich lediglich um diejenigen Dinge, um welche
auch die Menschen sich kümmern können, und regen sich
nicht auf und ereifern sich nicht über Worte und Thaten,
durch welche nicht etwa jene Achtung erschüttert werden
könnte, auf der das Gemeinwesen beruht. Die Götter
würden ja gar keine Götter sein, wenn sie Gefallen oder
Missfallen, Traurigkeit oder Fröhlichkeit empfinden müssten
durch den Glauben an gewisse Dogmen, besonders an die herrliche
Satisfaktionslehre, welche den Märtyrertod Christi für einen von der
unversöhnlichen Gerechtigkeit des Herrgotts beschlossenen stellvertretenden
Opfertod zur Sühnung der menschlichen Sündhaftigkeit in complexu
erklärt, nur die mit diesem Glauben begnadigten Auserwählten selig
werden, eine Seligkeit, die ihren prägnantesten Ausdruck in dem folgenden
Verse eines orthodoxen Gesangbuches findet:
Wirf mir den Gnadenknochen vor,
Herr Jesus!, nimm mich Hund am Ohr,
Und wirf mich Sündenlümmel
In deinen Gnadenhimmel!
Übrigens sind die im Text geäusserten Grundsätze fernerweit durch
aus berechtigt auf dem Gebiete der weltlichen Rechts
pflege und Gesetzgebung, also vom Standpunkte des
giudizio in seiner sekundären, phänomenalen Darstellung, denn weil
der irdische Richter, nicht wie der überirdische, das „Herz sieht“, so muss
alle menschliche Gerechtigkeit und Rechtssprechung unbedingt in subjektive
Willkür und Tyrannei verfallen, wenn sie in spiritualistischer Verflüchtigung
die Gedanken und Gesinnungen selber zu fassen sucht.
„Cogitationis poenam nemo patitur“, sagt daher der römische Jurist.
Auf Erden sollten die Gedanken nicht nur zollfrei, sondern auch straffrei
sein, und Bruno hat durchaus Recht, wenn er diese Straffreiheit auch
für die Äusserung der Gedanken durch Wort und Schrift fordert, sofern
dadurch nicht direkt der Frieden der Gesamtheit gestört werde. Der
Materialismus der Rechtsanschauung, wie er beispielsweise in der ersten
Phase des römischen Rechts herrschte, ist bei weitem erträglicher als
der Spiritualismus mancher modernen Gesetzgebungen. „Sire, geben
Sie Gedankenfreiheit,“ lässt Schiller seinem Marquis Posa im Zeitalter
Bruno’s zum König Philipp sagen, eben dasselbe forderte hier ein wirk
licher Marquis Posa der Philosophie in jenen Tagen der unverträglichsten
Intoleranz.