Full text: Reformation des Himmels

138 
über alles, was die Menschen tlmn oder denken; ja sie 
würden ja weit bedürftiger sein, als die Menschen selbst 
oder wenigstens ebenso sehr ihren Nutzen und Vorteil 
bei den Menschen suchen, wie letztere bei ihnen. Weil 
aber die Götter über jede Leidenschaft erhaben sind; so 
werden sie auch Zorn und Wohlgefallen höchstens aktiv, 
nicht passiv empfinden. Deshalb drohen sie nicht Strafe 
und versprechen nicht Belohnung für Gutes und Böses, 
das für sie aus unseren Handlungen resultiert, sondern 
für das, was der Volksgesamtheit und dem bürgerlichen 
Verkehr aus denselben erwächst; denn diesem kommen 
sie mit ihren göttlichen Gesetzen zu Hilfe, wenn die 
menschlichen Gesetze und Einrichtungen nicht hinreichen. 
Deshalb ist es eine unwürdige, profane und lächerliche 
Sache, zu glauben, die Götter suchten Dankbarkeit, 
Furcht, Achtung, Liebe und Verehrung bei Menschen zu 
anderem Behuf und Nutzen, als um der Menschen selbst 
willen. Denn sie haben ihren Ruhm in sich selber und 
brauchen sich denselben nicht von aussen zu holen; sie 
haben die Gesetze gegeben nicht sowol, um ihren eigenen » 
Ruhm zu vermehren, als um vielmehr an diesem ihren 
Schliesslich ist es überhaupt der antike, heroische Geist, 
welchen Biurno hier gegenüber einem spiritualistischen Christentum vertritt; 
gegenüber der Konzentration auf ein jenseitiges Wölkenkuckucksheim, 
gegenüber pessimistischer weltflüchtender Gleichgiltigkeit und Apathie 
bezüglich aller politischen und socialen Mängel und Ungerechtigkeiten, 
gegenüber der kirchlichen Geringschätzung wahrhaft menschlicher Tu 
genden, als deren eine der edleren Ehrgeiz zu gelten hat, vertritt Bruno 
auch eine thatkräftige Konzentration auf das Diesseits, er beweisst, dass 
man durchaus noch kein Materialist zu sein braucht, um die ernste 
Mahnung zu beherzigen, die der Dichter Kinkel unserem Zeitalter zuruft : 
„Lasst die alten Weiber sich 
Um den Himmel schelten, 
Aber freie Männer wir 
Lassen das nicht gelten 
Gegen Dich, o Vaterland, 
Sind uns nichts als eitler Tand 
Alle Stern enwelten, 
Denket alle dann zuerst 
An die grüne Erde, 
Wo noch Dornen mancherlei 
Schaffen viel Beschwerde. 
Haut sie ab, wenn brav ihr seid, 
Und erhebt mir keinen Streit, 
Was da droben werde!
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.