Full text: Reformation des Himmels

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Schupps geben, niemals aber sollen sie sich Front gegen 
Front treffen, sondern wo der eine seine Brust zeigt, soll 
die andere ihre Schulter zeigen gerade als wenn sie, wie 
wir es ja auch so oft thun ,,das Rad des Schusters“ 
spielten.“ 
Saulin: Was sagten Zeus und die anderen dazu? 
Sofia: Alle hiessen diese Entscheidung gut und genehmigten sie. 
Saul in: Was aber sagte die Armut? 
Sofia: Sie sagte: „Es scheint mir doch nicht richtig, o 
Götter, — wenn überall meine Meinung hier noch etwas 
gilt und ich nicht eigenen Urteils völlig bar bin —, 
dass meine Rolle derjenigen des Reichtums völlig gleich 
und ähnlich sein soll.“ Ihr antwortete Momus: „Aus dem 
Vordersätze, dass Ihr auf derselben Bühne dieselbe Tra 
gödie oder Komödie aufführt, darfst Du nicht die Folgerung 
ziehen, dass Ihr ganz dieselbe Rolle habt quia contraria 
versentur circa idem.“ 
nur eine Bretterhütte oder ein Verschlag von Tuch und Papier, und der 
reichste Mann zu täglicher Arbeit gezwungen ist, so wird man zwar 
nicht den Reichtum mit all seinen Begleitern, aber auch 
keine Bettler finden. Es gibt keinen Luxus, aber auch kein 
Elend. Niemand findet ein leichtes noch ein sehr gutes Auskommen, 
aber jeder kann doch sein Brod finden, und niemand, der fähig und 
gewillt zu arbeiten ist, wird durch die Furcht vor Mangel bedrückt. 
Aber sobald ein solches Gemeinwesen den Zustand erreicht, nach 
dem alle zivilisierten Staaten hinstreben, sobald dichtere Ansiedelung, 
engere Verbindung mit der Aussenwelt, vermehrte Benützung arbeit 
ersparender Maschinen grössere Ersparnisse in Produktion und Austausch 
ermöglichen und der Reichtum infolgedessen zunimmt, — nicht bloss 
überhaupt, sondern auch im Verhältnis zur Bevölkerung, — alsbald 
bietet auch die Armut ein dunkleres Bild. Der Verdienst einzelner ist 
unendlich grösser und leichter, während andere ihre liebe Not haben. 
Mit der Lokomotive kommt auch der Vagabund, und Armenhäuser und 
Gefängnisse sind ebenso sichere Kennzeichen „materiellen Fortschritts“ 
als kostbare Wohnhäuser, reiche Läden und prächtige Kirchen. In mit 
Gas beleuchteten und durch eine uniformierte Polizei bewachten Strassen 
warten Bettler auf den Vorübergehenden und im Schatten von Hoch 
schulen, Bibliotheken und Museen versammeln sich jene abschreckenden 
Hunnen und wilderen Vandalen, die Macaulay prophezeite. Diese That- 
sache — die grosse Thatsache, dass Armut und alle ihre Begleiter sich 
in einem Gemeimvesen gerade in dem Augenblicke zeigen, wo dasselbe 
jenen Zustand erreicht, welchen der materielle Fortschritt erstrebt, — 
beweist, dass die sozialen Schwierigkeiten, welche überall entstehen, wo 
eine gewisse Stufe des Fortschritts erreicht ist, nicht in lokalen Ursachen 
ihren Grund haben, sondern auf eine oder die andere Weise durch 
den Fortschritt selbst erzeugt werden.“
	        
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