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Gemüts und mit dankbarer Hand die Gaben empfangen
soll, welche Natur uns darbeut und sie nicht undankbarer-
und unerkenntlicherweise ausschlagen soll, sintemal es
eben dasselbe ist, was Gott, ihr Schöpfer, uns darbeut
und anbefiehlt, gegen welchen selber wir also uns un
dankbar erweisen würden. Es soll, sage ich, jene mehr
begünstigt werden, die so rebellisch und taub gegen die
Ratschläge und so aufsässig und wegwerfend gegenüber
den Gaben der Natur, all’ ihr Dichten und Trachten nur
auf die künstlichen Unternehmungen und Machwerke
gerichtet hat, durch welche die Welt verderbt und das
Von diesem Standpunkt aus ergiebt sich sein Sozialismus ebensowol
als prinzipielle Consequenz wie sein Republikanismus. cf. W. II. 161.
„sieno favorite le republiche“. \V. II. 164. „non permette che si
addrizzeno statue a poltroni nemici del stato de le republiche.“
Yon dem grössten deutschen Geistesverwandten unseres Dichter-
Philosophen , von Schiller sagt dessen Biograph Johannes Scherr
(Schiller und seine Zeit) pag. 121: „Unser Dichter war ein Aristokrat
des Geistes, wie dies jeder ist, welcher an das Ideal glaubt; aber er w r ar
zugleich Demokrat. Natürlich darf hier weder dieses noch jenes
Wort in gemeinem Klubsinn genommen werden. Denn Schiller’s
Demokratismus bestand darin, dass er sein ganzes Genie daransetzte,
die Menschen zu denkenden, wissenden, adlich gesinnten emporzubilden,
„zu Aristoi im höchsten Sinne“ und ebendaselbst p. 166: „Wenn irgend
in einem der damaligen Geister die Beziehung der freien Kunst und
Wissenschaft zum freien Staate lag, so war es Schiller, der in seinem
innersten Wesen Republikaner gewesen ist.“
Wenn wir diese Worte direkt auf Bruno übertragen
dürfen, so heisst das, dass sein Sozialismus und Republikanismus ebenso
„platonisch“ gewesen ist,, wie derjenige Schillers, dem auch nichts ferner
stand, als sich für Pöbelherrschaft und wüste Gleichmacherei zu begeistern.
Denn Bruno, der an den Höfen freigesinnter Fürsten den Schutz
und die Duldung fand, welche er in der demokratischen Republik
Genf vergeblich gesucht hatte, hatte allen Anlass, die Hei’rschaft
eines aufgeklärten Fürsten der Souveränetät des grossen Haufens vor
zuziehen.
„Nichts Entsetzlicheres, als übermütige Freiheit
Und ein Bauerngeschlecht, ein gieriges, welches mit Willkür
Jegliches Recht handhabt, ja bis zum Himmel zu reichen
Wähnt, w r enn es Recht und Gesetz straflos zu verachten die
Macht hat,
Und w r as irgend an Vorzug glänzt und edlem Charakter.“
De Monade cap. 1. v. 57 ff.
Es geht eben mit der Republik wue mit dem Christentum, das
Edlere in seiner Entartung ist das Hässlichere. Vergl. Not. 1, Seite 131,
138, 142 oben.