Full text: Reformation des Himmels

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um die Vorhalle seiner vielen prächtigen Zähne vor den 
Augen des Göttersenats aufzureissen und die disharmo 
nische Musik seines zwerchfellerschütternden Lachens 
erschallen zu lassen, wodurch er den Redefaden des 
Momus unterbrach, welcher nunmehr, weil er sich an 
diesem nicht rächen konnte, seinen ganzen Ärger an 
dem Schlafgott ausliess, der ihn gereizt hatte, weil er 
nicht nur sein Kompliment nicht mit artiger Aufmerksam 
keit belohnte, sondern ihm sogar sein Purgatorium nebst 
Beutel und Stab des Jakob zeigte, als wenn er ihm die Miss 
achtung seines schmeichlerischen und verliebten „genus 
dicendi“ nicht grob und deutlich genug zu erkennen geben 
könnte. Denn Momus merkte wol, dass die Götter nicht 
so sehr über die Positur des Schlafgot-ts, als vielmehr 
über den seltsamen Fall lachen mussten, der ihm selber 
begegnet war, indem jetzt der Schlafgott zum Spötter 
und er, der Gott des Spottes, zum Gefoppten in der 
Komödie geworden war. So hüllte sich denn sein 
Angesicht in den blutroten Schleier der Scham und: 
„Wem fällt es ein,“ rief er, „dieses Rundei vor unseren 
Augen zu entblössen, wer wagt sich in einer so scham 
losen Stellung vor uns zu zeigen!“ Durch diesen Wut 
ausbruch des Momus, eines Gottes, der bei weitem nicht 
den niedrigsten Rang im Himmel einnimmt, ward die 
Göttin der Feigheit aufgestört, nahm ihren Gemahl in 
die Arme und brachte ihn eilends hinweg zu der Höhle 
eines Berges unweit dem Lande Kimmerien, und mit 
ihnen gingen ihre drei Söhne, Morpheus, Ikelus und 
Fantasus, 1 ) und sie alle langten bald zu Hause an dort, wo der 
J ) Die ganze Schilderung ist dem vorhin citierten Gesänge Ovid’s 
entlehnt, wo die Wohnung des Schlafes in Vers 592 ff. (nach Vossen’s 
Übersetzung) folgendermassen dargestellt wird: 
„Nächst den Cimmeriern ist die lang eingehende Steinkluft, 
( Tief in dem Berg, wo hauset der unbetriebsame Schlafgott; 
Nimmer erreicht, aufgehend, am Mittag oder sich senkend, 
Phöbus mit Strahlen den Ort. Ein matt umdüsternder Nebel 
Haucht vom Boden empor mit Dämmerung zweifelnden Lichtes. 
Kein wachhaltender Vogel mit purpurkammigem Antlitz 
Kräht die Aurora herauf; auch stört durch Laute die Stille 
Kein sorgfältiger Hund, noch die aufmerksamere Hofgans. 
Kuhlenbeck, Giordano Bruno 7
	        
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