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sie der Menge mitgeteilt ist, mir nicht eine, sondern
hundert Hekatomben schuldet; denn diesem habe ich
durch die Betrachtung der Gleichheit, die zwischem dem
grössten und kleinsten, dem äussersten und innersten,
dem Anfang und dem Ende waltet, einen weit frucht
bareren, reichhaltigeren, offeneren und sicheren Weg
gewiesen, nicht nur zu zeigen, wie man das Quadrat in
einen Kreis gleichen Inhalts, sondern auch, wie man
ohne weiteres jedes Dreieck, jedes Fünfeck, jedes Sechs
eck und überhaupt jedes beliebige Vieleck in ein beliebiges
anderes verwandeln kann,' wie man die Linie zur Linie,
die Fläche zur Fläche und in der Stereometrie jeden
Körper zu jedem Körper in ein kommensurables Ver
hältnis bringen kann.
Saul in: Das wäre ja eine ganz vortreffliche Sache und ein
unschätzbarer Schatz für die Weltmesser.
Sofia: So vortrefflich und wertvoll, dass es mir gewiss er
scheint , dass alles, was noch in der Geometrie zu ent
decken übrig bleibt , dagegen nicht in’s Gewicht fällt.
wodurch unser Denken in Verlegenheit kommt. Schon die berühmten
Vexierfragen der eleatischen Philosophie: „Kann Achill die Schildkröte
einholen? Der fliegende Pfeil ruht", gravitieren um dieses Kern-Problem.
Einerseits können wir den Unendlichkeitsbegriff nicht aufgeben und müssen
ihn, wie die Infinitesimalrechnung beweist, als objektiv richtig voraus
setzen; andererseits können wir ihn anschaulich nicht vollziehen.
Aus diesem Dilemna giebt es nur zwei Auswege; entweder erklärt man
unter Festhalten der realistischen Auffassung des Raumes im übrigen
nur die Unendlichkeitsvorstellung für einen bloss negativen und sub
jektiven Beziehungsbegriff des Verstandes, dem eine sachliche Bedeutung
nicht zukommt. So v. Kirchmann, „Lehre vom Wissen“, p. 36. Dühring,
„Kursus der Philosophie“, p. 67 ff.; oder man bekennt sich nicht nur zur
Idealität des P>aumes, sondern zur Unzulänglichkeit des menschlichen
Anschaüungsvermögens überhaupt und thut so. freilich auf Grund rein
logischer Motive, einen Sprung in’s mystische ; indem man einsieht, dass
ein endliches, geschaffenes Vermögen unmöglich das schaffende Unendliche
(Absolute) zu begreifen vermag. Die erstere Ansicht muss es vorziehen,
die räumliche und zeitliche Endlichkeit der wirklichen Welt anzunehmen,
wie denn auch beispielsweise Dühring a. a. 0. p. 66 lehrt, dass das
kosmische Uni ver sum seine räumlichen und zeitlichen Grenzen habe,
und insofern der Aristotelischen Kosmologie Recht giebt.
Die letztere Ansicht, und sie wird mit aller Energie von Bruno
vertreten, wird die räumliche und zeitliche Unendlichkeit auch der phä
nomenalen Welt, ihre Anfangs- und Endlosigkeit in der Erfüllung von
Raum und Zeit voraussetzen. Sie stimmt überein mit der uralten
Weisheit der indischen Vedanta-Lehre.