Full text: Reformation des Himmels

266 
Gleichheit und Proportion einer beliebigen Sehne zu 
einem beliebigen Bogen linden, sei es nun dass sie ganz 
oder teilweise oder nach einem bestimmten Verhältnisse 
vermehrt ein derartiges Polygon konstituiert, das in der 
bezeichneten Weise von einem Kreise umschrieben ist 
oder ihn umschreibt. : ) 
„Nun beschliesse man schnell“, sagte Zeus, „wer 
diesen Platz einnehmen soll.“ Da antwortete Minerva: 
„Mir däucht, dass hier am besten die Treue und Auf 
richtigkeit stehen würde, ohne welche jeder Vertrag- 
zweideutig und schwankend ist, jeder Verkehr sich auf 
löst, alle Gemeinschaft zerbröckelt. Sehet, wohin jetzt 
die Welt heruntergekommen ist, nachdem es in ihr zur 
Gewohnheit und zum Sprichwort geworden, dass „Regenten 
an Treue und Versprechungen nicht gebunden sind“, ferner: 
dass „man den Ungläubigen und Ketzern kein gegebenes 
Wort zu halten braucht“, endlich, „dass man dem die 
Treue brechen darf, der sie bricht.“ Wahrlich, was soll 
daraus werden, wenn dieser Grundsatz von Allen bethätigt 
wird? Wohin wird es mit der Welt kommen, wenn alle 
’) Wie eben bemerkt, hat Bruno die mathematische Bedeutung der 
von ihm in Anschluss an den Cusaner erfundenen Gleichung aller Figuren 
überschätzt; er hätte zu dieser Übertreibung, die übrigens nicht ohne 
Ironie sein dürfte, eher Anlass gehabt, wenn es seiner Intuition gelungen 
wäre, am Leitfaden der Idee des unbeschränkt Kleinen die später von 
Newton entdeckte Differenzialrechnung und damit die höhere Mathe 
matik zu begründen. Anderwärts hebt Bruno selbst hervor, dass das 
Suchen nach exakter Lösung der Quadratur des Kreises nach den 
Voraussetzungen seiner Philosophie eitel ist und spottet der nutzlosen 
Bemühungen der sich damit quälenden, geschäftigen Müssiggänger: 
Siehe S. 248 oben. In der Endiichkeiit und phänomenalen Wirklich 
keit kann ein wahrer Kreis ebenso wenig existieren, wie die wahre 
Gerade. Nur in der Unendlichkeit, jenseits unserer phänomenalen An 
schauung sind diese beiden vollkommenen Linien denkbar. Dort aber 
fallen sie in eins zusammen, wie denn dort Alles, das Kleinste und das 
Grösste, Umfang und Mittelpunkt eins sind. cf. Bruno, „De Triplici 
Minimo et Mensura“, II, c. 34: „verum circulumfinitum non 
esse in natura possibilem“. Ferner Bruno, „De Monade etc.“ 
Fiorentino II, 340. Der natürliche, endliche Verstand hat an der endlichen 
Grenze halt zu machen, die Unendlichkeit ist für ihn nichts als ein not 
wendiger Grenzbegriff; die Überschreitung dieser Grenze mit logischer 
Spielerei führt zu nichts anderem, als zu „jener nicht - euklidischen 
Hypergeometrie" eines Gauss, von Parallelen, die im Unendlichen einen 
Winkel bilden“, „Dreiecken, deren Winkelzahl 180 0 überschreitet“ u. s. w. 
Vergl. Dühring, „Kursus der Philosophie“ p. 78. Ferner des letzteren 
Geschichte der Mechanik, Schluss S. 490 ff.
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.