Full text: Reformation des Himmels

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die Sage, dass der Rabe von einer Arche ausflog, die 
zehn Ellen über dem höchsten Berg der Erde stand, oder 
die, dass er vom Himmel ausging, scheint mir so ziemlich 
dieselbe zu sein. Auch dass die Menschen, die sich in 
solcher Höhe befanden, Götter genannt werden, däucht 
mir nicht allzu seltsam: denn da sie im Himmel sind, 
können sie ohne Zwang als Götter gelten. Auch dass 
jener Urmensch hier Noah und dort Apollo genannt wird, 
lässt sich leicht in Übereinstimmung bringen; denn diese 
verschiedenen Benennungen deuten schliesslich auf ein 
und dieselbe Pflicht der Wiederzeugung hin, sintemal sol 
et homo generant hominem. 1 ) Und dass dies zu einer 
Zeit geschah, da die Menschen zu viel trinken mussten 
und andererseits die Götter beinahe vor Durst umkamen, 
auch das ist so ziemlich ein und dasselbe. Denn wenn 
sich die Schleusen des Himmels geöffnet hatten und die 
Cisternen des Firmaments leer wurden, musste es eine 
notwendige Folge sein, dass die Bewohner des Erdbodens 
zu viel zu trinken bekamen und dass die Bewohner des 
Himmels nahezu verdursteten. Dass der Rabe zurückblieb, 
weil er von der Begierde nach Feigen verlockt ward, 
oder dass er von der Begierde nach Leichnamen ange 
zogen ward, kommt sicherlich auf eins heraus, wenn man 
die Auslegung jenes Josef in Betracht zieht, welcher 
sich auf Traumdeutung verstand. Denn dieser wahrsagte 
dem Bäcker, der ein Traumgesicht gehabt hatte, dass 
er einen Korb mit Feigen auf dem Kopfe trage, nach 
dem die Vögel flogen, um davon zu fressen, er werde 
gehängt werden und die Raben und Geier werden sein 
Fleich fressen. Ob der Rabe zwar zurückgekehrt ist, 
aber zu spät und ohne jeden Nutzen, ist ganz dasselbe, 
r ) Auch aus dieser Stelle haben einige Shakespeare-Forscher auf eine 
Bekanntschaft dieses grossen Dramatikers mit Bruno oder wenigstens seinen 
Werken schliessen wollen, da eine ähnliche Stelle im .,Hamlet“ vorkommt. 
„Denn wenn die Sonne Maden in einem toten Hunde ausbrütet“ u. s. w. 
Hamlet II, Sz. 2. Vergl. Frith, „Life of Bruno“, pag. 106. Auch die be 
rühmte Stelle in der Kirchhofszene: 
„Der grosse Caesar, Staub und Lehm geworden, 
Verklebt ein Loch w r ol vor dem rauhen Norden“ u. s. w. 
erinnert auffällig an Bruno'nische Ideen. Vergl. Note 1 S. 22 oben.
	        
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