Full text: Reformation des Himmels

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„Es entweiche denn von hier,“ sprach Zeus, „die 
Bestialität, die Unwissenheit, die unnütze und 
verderbliche Fabel, und wo der Centaur ist, da 
weile die gerechte Einfalt, der sittenlehrende 
Mythus! Wo der Altar steht, von da entweiche 
der Aberglaube, der Unglaube, die Gottlosigkeit, 
und dort wohne die wahrhaftige Religiosität, der 
nicht stumpfsinnige Glaube, die echte und auf 
richtige Frömmigkeit!“ 
il applique les paroles de Christ, citées à la f. 43. r. „Hic dies vestra 
et potestas tenebrarum.“ 
Übrigens ist anzunehmen, dass die Stimmung Brunos gegen die christ 
liche Religion und selbst gegen die christliche Kirche in seinen späteren 
Lebensjahren, nach der Abfassung dieser Schrift milder und versöhnlicher 
geworden ist, ja er hat zweifellos sogar in Paris im Jahre 1586 den Versuch 
gemacht, sich mit seiner Mutterkirche auszusöhnen. Der Versuch scheiterte 
an der allzu harten Intoleranz des gerade damals sich zur eifrigsten 
Gegenreformation aufraffenden Priestertums. Yergl. „Documenti, XVII.“ 
Gerade wahrhaft Religiöse sind es meistens gewesen, welche vor 
und nach dem Verbrechen von Golgatha wegen ihres Atheismus ..gefoltert, 
gekreuzigt und verbrannt sind.“ Es liegt etwas unsagbar tragisches in 
diesem Schicksal ; gerade derjenige Philosoph, der wie kein zw r eiter berufen 
erscheint, das Christentum mit der neueren Weltanschauung auszusöhnen, 
es zur Welt- und Geistes-Religion zu erheben, ist durch das „Santo officio" 
der „christlichen Kirche“ gemordet w r orden. Zwar „sie wissen nicht, was sie 
thun“. Aber zwei untilgbare Schandflecke an den Prunkgewänden amt 
lichen Priestertums, das Blut der Hypatia und die Asche Giordano Bruno’s, 
der Untergang des Abendsterns der antiken und des Morgensterns der 
modernen Philosophie im trüben Dunst der Erd-Atmosphäre, sollten den 
geistigen und sittlichen Adel aller zivilisierten Nationen allezeit mahnen an 
den vermutlichen Sinn von Voltaire’s Worten: „Ecrasez l’infâme!" 
Wie Bruno. haben auch die Vorkämpfer und Koryphäen der 
deutschen Aufklärung, einen tiefen Hass gegen das positive kirchliche 
„Christentum“ vereinigt mit unbedingtester Ehrfurcht vor der Lehre und 
Person Christi, „v r ie ganz anders (als die griechischen Moralisten, Sokrates 
und die Stoiker), schreibt Schopenhauer, einer der „antichristlichen“ 
Philosophen unseres Jahrhunderts, dessen beissende Ausfälle gegen den 
jüdisch - christlichen Gottesbegriff der Brunonischen Satyre wenig nach 
geben, „erscheinen die Weltüberwinder und freiwilligen Büsser, welche 
die indische Weisheit uns aufstellt und wirklich hervorgebracht hat, oder 
gar der Heiland des Christentums, jene vortreffliche 
Gestalt voll grösster poetischer Wahrheit und höchster 
Bedeutsamkeit, die jedoch, bei vollkommener Tugend, 
Heiligkeit und Erhabenheit im Zustande des höchsten 
Leidens vor uns steht.“ Schopenhauer, „Welt als Wille“ u. s.w., pag. 109. 
Und selbst der alle „Religion“ verwerfende „Wirklichkeitsphilosoph“, 
Dühring, behandelt in seinem Buche: „Ersatz der Religion durch 
Yollkommn er es“ 1886 die erhabene Person Christi mit derjenigen 
Hochachtung, die ihr gebührt und die uns gegenüber der jüdisch-frivolen 
Hyper-Skepsis eines David Strauss oder der leichtfertig französischen 
Romandichtung eines Renan wohlthuend berührt.
	        
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