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ich auf clie britannische Insel gelangte, und so lange erwiesen
habt, als die Zeit es Euch vergönnte. Ihr offenbart Euer edles-
Wesen so vielen, als sich Euch nur Gelegenheit bietet, und
trachtet darnach, der Gesamtheit zu dienen. Dazu treibt Euch
heroische freie Neigung und angeborener wahrhafter Seelenadel.
Muss ich denn auch der Gesamtheit die Erkenntlichkeit für
Eure Menschenliebe und den Vielen die Verpflichtung der Vielen
gegen Euch anheimgeben, so möge wenigstens mich selbst bei
Euren so grossen Verdiensten gegen meine Person ein gütiges
Geschick davor bewahren, dass ich, der ich gegen die Be
lästigungen und gehässigen Taktlosigkeiten Anderer gegen mich
empfindlich genug bin, andrerseits wiederum vor dem Auge
der Ewigkeit auf mir selber einen Makel des Undanks sitzen
liesse. Das aber würde der Fall sein, wenn ich Eurem schönen,
glücklichen und hochcivilisierten Vaterlande den Kücken kehrte,
ohne mich wenigstens von Euch unter Erweisung meiner
Erkenntlichkeit zu verabschieden. Doch auch dem Euch
zu vertreten gewagt hat. Er allein war es, der den Mut besass, einen
oppositionellen Beschluss des Parlaments gegen das Heiratsprojekt der
Königin mi t dem Herzog von Alençon derselben zu eröffnen, v r ie er es
auch wagte, vor ihr die Verteidigung seines Oheims Leicester mit allem
Eifer verwandtschaftlicher Pietät zu führen; und er durfte dies bei
dem Zauber seiner Persönlichkeit, ohne dauernd in ihre Ungnade zu ver
fallen. Ein geborener Beschützer aller Unterdrückten, vertheidigte er
nicht minder, wie die Interessen der Nation und der sich ihm anver
trauenden Personen auch die Poesie, die Wissenschaft und den guten
Geschmack gegen die Brutalität des Puritanismus. Dieses Mäcenatentum
hat auch wohl Bruno in seinen geistreichen Cirkel geführt. Sein zweifellos
sehr intim gewesenes Verhältnis zu unserem Philosophen ehrt diesen
nicht minder, als ihn.
Der Enthusiasmus Sidney’s für den Protestantismus und die Frei
heit auch bei anderen Nationen führte ihn in den Heldentod; 1585 zog
er den aufständischen Niederländern gegen die Spanier zur Hilfe, wurde
als Anführer der Kavallerie in der für die Seinen siegreichen Schlacht
bei Zutphen tödlich verwundet und starb, nachdem er auf dem Sterbe
bett noch eine erhabene Ode gedichtet, 14 Tage nach dieser Schlacht,
am 16. October 1586 nach den Worten seines Biographen, „en philosophe
chrétien.“
Ein schöner Beweis seines Seelenadels darf nicht unerwähnt bleiben;
nach Empfang der Todeswunde, von brennendem Durste gequält, liess
er das ihm nach langem Harren herbeigebrachte frische Wasser einem
in seiner Nähe sterbenden gemeinen Soldaten geben mit den Worten:
„This man’s necessity is still greater than mine.“
Ein solcher Mann war würdig der Dedikation des „Spaccio“ und der
„Dialoghi degli heroiei furori.“
Vrgl. Zouch, Memoirs of the life and writings of Sir Philipp Sidney.
York 1808.