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seiner Flucht in den heimlichen Ort des Klosters geworfen
hatte, trieben ihn auch aus Rom fort 1 ).
Nun beginnt sein unstätes Wanderleben durch Italien,
Frankreich, England und Deutschland; ein edles Wild, wird
er, der unermüdliche Vorkämpfer einer neuen Weltanschauung,
von Ort zu Ort verfolgt von jener Danteschen Wölfin, 1 2 ) für die
er selbst die klassische Bezeichnung „triumphierende Bestie“
erfunden hat, und welche nichts anderes ist als das von Goethe
so bezeichnete „allgemeine menschliche Niederträchtige“.
Nach Ablegung seines Ordensgewandes durchreist er unter
Verleugnung seines Standes und rechten Namens in den ersten
drei Jahren (1576—1579) das nördliche Italien, er geht von
Rom nach Civitavecchia, nach Genua, nach Noli, nach Savona,
Pavia, Venedig, Padua, Brescia, Mailand; hin und wieder wol
von freigesinnten Geistesfreunden unterstützt, meistens mit
privatem Knabenunterricht die Existenz fristend 3 ). In Venedig
lässt er, um sich Geld zu verschaffen, ein kleines Buch drucken
„Über die Zeichen der Zeit“ 4 ).
Überall aber in Italien bedrohen ihn bei längerem Auf
enthalt Spürhunde der Inquisition, und so treibt es ihn schliess
lich über die italienische Grenze.
Auffallender Weise, vielleicht der Ansicht, als Ordens
bruder eher auf Unterstützung hoffen zu dürfen, lässt er sich jetzt
zuvor in Bergamo wieder eine Kutte anfertigen und wandert
dann in Mönchskleidung nach Genf, dem Zion des Calvinismus.
Genf war Asyl zahlreicher italienischer Protestanten. Letztere,
an deren Spitze Galeazzo Caraccioli, Marchese di Vico aus
Neapel, veranlassten ihn, die Kutte wieder abzulegen, statteten
ihn mit Hut und Degen aus, besorgten ihm Lebensunterhalt
durch Korrekturarbeiten in den Druckereien, und nötigten ihn
vor allem zum häufigen Besuch der calvinistischen Predigten.
Bruno’s Hoffnung, hier einen Vorort religiöser Freiheit erreicht
1 ) Documenti XIII, 46.
2 ) Una lupa, che di tutte brame
Sembrava carca nella sua magrezza
E molte gente fè già viver grame. Inf. c. 1.
Vergi. Bovio, „L’Etica da Dante à Bruno", Rom 1889, p. 14. Bruno,
„oratio valedict.", Vitemberg. — 3 ) Documenti IX, p. 18.
4 ) Dasselbe ist, wie so manche andere Schriften Bruno’s bislang
als verschollen zu betrachten.