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Monaten in der böhmischen Hauptstadt wird er von dem frei
sinnigen und geistvollen Herzog Julius von Braun schweig,
demselben, von welchem eine ebenso wahre wie lapidare In
schrift zu Harzburg meldet, dass
„Sein Schöpfergeist, der eignen Zeit Jahrhunderte voraus,
Des Harzes Erz, den Soolquell Juliushall
Und freiem Denken neue Bahn erschloss“
an dessen eben begründete Hochschule zu Helmstädt berufen. x )
Leider starb sein neuer fürstlicher Gönner drei Monate nach
Bruno’s Ankunft in Helmstädt. Er hat diesem hochsinnigen
Welfen in einer glänzenden Grabrede ein Denkmal gesetzt, das
dauerhafter als Erz. Der Sohn des Verstorbenen, Herzog
Heinrich Julius, der fürstliche Dramatiker * 2 ) schenkte ihm
gleiche Gunst, und nach der Regel: „Giebst du dem Genius
ein Gastgeschenk, so lässt er dir ein schöneres zurück“, er-
wiederte der Nolaner diese Gunst durch Zueignung seiner drei
grossartigen lateinischen Lehrgedichte, nämlich :
,,de triplici minimo et mensura, 3 )
de immenso et innumerabilibus, 4 )
de monade numero et figura.“ 5 )
Leider vermochte auch fürstliche Gönnerschaft un seni
Philosophen von den Anfeindungen einer Rotte orthodoxer
Fanatiker, an deren Spitze der Superintendent Brettius und
Rektor Hoffmann standen, nicht zu schützen. Dieselben
scheinen ihn im Jahre 1590 veranlasst zu haben, unter einst
weiligem Verzicht auf akademische Thätigkeit nach Frankfurt a. M.
zu ziehen, wo er sich bei dem Drucker Wechel mit der
Drucklegung der zuletzt genannten Lateinschriften beschäftigte.
Doch auch hier war seines Bleibens nicht; wie Moritz Carrière
9 Herzog Julius war wol einer der freisinnigsten Herrscher, die
es jemals gegeben, ein offener Feind der Theologen. „Die Theologen
wollen anderen eine formulam concordiae vorschreiben, da doch einer
dem anderen im Grunde und vom Herzen spinnefeind ist. Wie denn
unter dem Scheine eines christlichen Eifers meistens Privateffekte bei
solchen Leuten vielmehr als bei anderen prädominieren, und den Knüttel
bei den Hund zu legen, ganz hochnötig ist.“ So schrieb dieser Fürst an
die drei Kurfürsten Pfalz, Sachsen und Brandenburg. Vergl. Bodemann
in Müllers Zeitschr. für deutsche Kulturgesch. N. I. f. p. 197 ff.
2 ) Zugleich erster Besteiger des Brockens.
3 ) Vom dreifach kleinsten und dem Mass.
4 ) Vom Unendlichen und den unzähligen Welten.
5 ) Von der Einheit, der Zahl und Gestalt.
Kühl enb eck, Giordano Bruno.
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