und schaue voraus das Zukünftige. Mit Recht nennt Trismegist
den Menschen ein Wunder, da er in Gott ein geht, um
selber Gott zu werden, weil er Alles werden soll, wie
Gott Alles ist, weil er zu einem Endziel ohne Ende, das sich
dennoch allüberall bestimmt und gestaltet, vorwärts schreitet,
wie die Gottheit unendlich, unermesslich und doch ganz über
all ist. U (Bruno de immenso, c. I.)
Gewiss ist dies Mystik, dieselbe Schönheits-Mystik, für
welche Hypatia, die Schülerin des Plotin, im Kampfe des
untergehenden Hellenismus mit dem kirchlichen Christentum
verblutete. Aber es ist eine Mystik, die nicht auf Gedanken-
Unklarheit und Gemüts Verstimmung, sondern auf Gedanken
klarheit und seelischer Harmonie beruht und die sich nicht
in den entnervenden thatlosen Quietismus der buddhistischen
oder christlich-pietistischen Weltverneinung versenkt, sondern
zu heroischer Weltbejahung, zu lebendigster Arbeit und Ver
wirklichung aller Ideale des Schönen, Wahren und Guten be
geistert.
Wenn ein Buddha und ein Thomas a Kempis das Einsiedler
tum, das Klosterleben, das Coelibat, die Trennung von Familie,
Staat und Gesellschaft, die Vernichtung der in „sündige Verderb
nis versunkenen Natur“ predigen, wenn dem christlichen
Mystiker die Vernunft eine Metze des Satans, die Schönheit aber
nur ein Flittergewand dieser Metze ist, wenn nur der blinde
Glaube den vermeintlichen Nachfolger Christi erlöst: — so ist
für Bruno die Natur das schöne Spiegelbild Gottes, die Wissen
schaft, Kunst und der thatkräftige Heroismus im Dienste des
Vaterlandes und der Menschheit aber das einzige Mittel, sich
Gott ähnlich zu machen.
Jener weltfUichtige Mysticismus, der neuerdings bei der
„Selbstzersetzung“ des kirchlichen Christentums unter den
Auspicien Schopenhauers und Ed. v. Hartmanns auch einen Teil
der deutschen Gebildeten dem sogar mit Spiritismus verquickten
asiatischen Geheimbuddhismus und seiner hirn erweichenden
Superstition in die Arme zu treiben droht, läuft bei all seiner
Selbstverneinung schliesslich nur auf die krankhafteste Selbst
sucht hinaus. Diesem pessimistischen Medusenantlitz wird es
Zeit, das Perseusschild jener edleren Mystik, welches Plotin