Full text: Reformation des Himmels

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Johannes, 1 ) um künftigen unbequemen Möglichkeiten vor 
zubeugen, seine Söhne in die Gefängnisse des Berges 
Amarat 2 ) verbannte und gar aus Furcht, dass irgend ein 
Saturnus 3 ) ihn entmanne, niemals die Nachlässigkeit 
*) Der Priester Johannes: eine berühmte mythische Per 
sönlichkeit des Mittelalters. Die Sage von ihm tauchte etwa um die Mitte 
des 12. Jahrhunderts auf; er sollte der christliche Herrscher eines fabel 
haften Reiches sein, das sich über Asien und Afrika erstreckte; es 
wurden sogar angeblich von ihm verfasste Sendschreiben an den Kaiser 
von Byzanz und andere europäische Höfe verbreitet, in denen er selbst 
eine märchenhafte Schilderung seines Reiches und seiner Macht gibt. 
Umgekehrt sandten auch verschiedene europäische Mächte, selbst Päpste, 
Gesandte nach dem Innern Asiens mit Briefen an den Priester Johannes. 
Man glaubte, er sei märchenhaft alt und sterbe nicht. Marco Polo, der 
berühmte venetianische Reisende, glaubte ihn im nördlichen China, im 
Lande Tenduc oder Thian-the gefunden zu haben. Mit Rücksicht 
darauf nimmt man vielfach an, dass die Sage aus einer irregeleiteten 
Auffassung des Buddhismus erwachsen sei. welch’ letzterer sich im öst 
lichen Asien mit zahlreichen nestorianisch-christlichen Elementen amalga- 
rnierte. Der Name des Priester Johannes wird dann als eine Korruption 
des bei den Mongolen bräuchlichen Herrschertitels Vang-Khan, Van-Chan, 
Ungh-Khan, erklärt. Vergl. Ritter, Erdkunde von Asien pag. 258. Erst später 
ward das Reich des Pi'iester Johannes nach Abyssinien verlegt. Die Meer 
fahrten. welche zur Entdeckung des Caps der guten Hoffnung und des See- 
w r egs nach Indien führten, waren zum teil unternommen worden, um den 
Priester Johannes aufzusuchen. Noch Johann II. von Portugal entsandte 
eigens zwei der orientialischen Sprachen kundige Männer, Petrus 
Covillanus und Alphonso Paiva, über Ägypten nach jenen Gegenden. 
Covillanus fand nun in Abyssinien einen christlichen Herrscher vor, und 
vieles, was er dort sah und erfuhr, stimmte mit den in Europa über den 
Priester Johannes verbreiteten Sagen überein. Dies genügte ihm, um die 
frohe Botschaft nach Portugal zu senden, er habe den vielgesuchten 
Herrscher glücklich gefunden, er sei kein anderer, als der Kaiser von 
Äthiopien. 
2 ) Auf diesen christlichen Herrscher Abyssiniens ist auch die An 
spielung Bruno’s im Text zurückzuführen. 
Wir finden nämlich bei Ludolf. Historia Äthiopica L. II. e. S. 
folgende merkwürdige Sitte jener abyssinischen Herrscher berichtet: 
,,Die alten Könige von Habesch pflegten, um solchen Übeln 
(nämlich den Meuchelmorden in orientalischen Herrscherfamilien) vor 
zubeugen, die Söhne des Königlichen Hauses zu verbannen und in 
einem unzugänglichen Gefängnis einzuschliessen, wo sie von neuerungs 
süchtigen Einflüssen fern blieben; damit sie nichts gegen die Herrschenden 
unternehmen könnten, ohne dass es gleichwohl an eventuellen Thronfolgern 
mangele. Hierfür wurden die Felsen des Gebirges Amharat Geshen und 
AmbaQal ausgesucht, in diesen mussten die Königlichen Prinzen die 
Strafe für ihre hohe Geburt verbüssen." 
3 ) Anspielung auf den theogonischen Mythus der Griechen, nach 
welchem Gäa, die Erde, ihren Sohn Kronos anstiftete, ihren Gatten und 
seinen Vater. Uranos, den Himmel mittels einer Sichel zu entmannen. 
Aus dem Schaum des Meeres, der sich mit dem Blute dieser Gräuelthat 
vermischte, erstand Afrodite. Vrgl. Hesiod, deoyovia v. 175—195.
	        
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