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A. Die astrophysikalischen Forschungsmethoden
Lichtes nach allen möglichen Richtungen hin reflektiert. Unter absolut rauhen
Oberflächen versteht man solche, die das einfallende Licht nach allen Rich
tungen hin gleichmäßig reflektieren. Absolut rauhe Flächen gibt es ebenso
wenig wie absolut glatte. Es tritt stets eine spiegelnde Wirkung hinzu, um
so mehr, je größer der Einfallswinkel wird. Dem ideal rauhen Zustande
nähern sich am meisten Gips, Ackererde, Tuch usw. Der Umstand, daß stets
Spiegelung mit hinzutritt, bedingt es, daß bis heute kein streng gültiges
Reflexionsgesetz für rauhe Flächen, wie sie in der Natur Vorkommen, ge
funden worden ist, und doch wäre ein solches Gesetz von der allergrößten
Wichtigkeit für die Photometrie, da es ja die Brücke bilden würde zwischen
der theoretisch bestimmbaren objektiven Beleuchtung und der durch die
physische Beschaffenheit bedingten scheinbaren Helligkeit der beleuchteten
Objekte. Da es nun Formeln, welche die bei rauhen Oberflächen ent
stehende Spiegelung einschließen, nicht gibt, so müssen wir diese Un
vollkommenheit mit in Kauf nehmen, aber bei den Ergebnissen stets be
denken, daß dieselben in mehr oder minder starker Weise hierdurch beein
flußt sind.
Es handelt sich zunächst darum, festzustellen, wie das von einer be
leuchteten rauhen ebenen Fläche ausgehende Licht vom Emanationswinkel
abhängt. Lambert nahm an, daß eine beleuchtete rauhe Fläche sich in dieser
Beziehung genau so verhalten müsse wie eine selbstleuchtende, daß das
ausgehende Licht also vom Cosinus des Emanationswinkels abhängig sei,
und daß mithin alle Aufgaben, die scheinbare Helligkeit einer beleuchteten
Fläche zu bestimmen, bis auf einen, das Reflexionsvermögen charakterisie
renden Faktor mit den Aufgaben, die Beleuchtung eines Punktes durch eine
selbstleuchtende Fläche zu ermitteln, identisch seien.
Auf den ersten Blick erscheint dies auch ganz einleuchtend; bei näherer
Überlegung aber zeigt es sich, daß die Aufgabe eine viel verwickeltere ist.
Wenn ein undurchsichtiger Körper glüht, seine Oberfläche also selbstleuch
tend wird, so ist die Annahme unrichtig, daß nur die Oberfläche im Sinne
einer mathematischen Fläche lichtaussendend sei. Auch die Metalle sind in
sehr dünnen Schichten durchscheinend, selbst bei ihnen dringt das Licht,
wenn sie im glühenden Zustande sind, aus einer gewissen, sehr geringen
Tiefe hervor, so daß Absorption stattfindet, die mit der Tiefe immer mehr
zunimmt. Erst durch diese Annahme über den Strahlungsursprung ist Lommel
imstande gewesen, das LAMBERTSche Emanationsgesetz für leuchtende Flächen
zu beweisen. Bei der Beleuchtung müssen nun ähnliche Vorgänge stattfinden.
Das auffallende Licht wird bei vielen Stoffen bis zu einer gewissen Tiefe
eindringen und dann wieder ausgestrahlt werden.
Seeliger kommt unter geeigneter Berücksichtigung dieser Anschauung
zu einem Emanationsgesetz, welches die beiden, für den Hin- und Herweg
in der Oberfläche in Frage tretenden Absorptionskoeffizienten enthält. Nennt
man diese beiden Absorptionskoeffizienten k und k', und bezeichnet man
ihr Verhältnis, nämlich k:k’ mit /, so lautet das SEELiGERSche photometrische
Gesetz, wenn man das reflektierte Licht mit R bezeichnet:
_ , cos i COS £
R — k •• j * •
COS l -f / COS £