IV. Die Himmelsphotographie
151
stellbar ist; es ist aber klar, daß es in der Hand eines guten Optikers liegt, die
speziellen Zwecke, für die ein Objektiv benutzt werden soll, zu berücksichtigen.
Will man auf größeren Platten auch von helleren Sternen möglichst kleine
und scharfe Bilder erhalten, so wird man trotz des Lichtverlustes durch Ab
sorption und Reflexion ein drei- oder vierfaches Objektiv längerer Brenn
weite ( 1 : 10 ) verwenden, ist größte Lichtstärke erwünscht, so wird man mit
zweilinsigen Gläsern kurzer Brennweite (bis 1 :2.5) auskommen und dafür
sich mit größeren Sternscheiben bei kleinem Bildfeld begnügen müssen.
Die Geschichte des Fernrohrs und der photographischen Objektive lehrt,
wie es die fortschreitende Technik fertig brachte, die Schwierigkeiten zu über
winden. An erster Stelle ist die um die Mitte des 18. Jahrhunderts durch M. Hall
und Dollond gelungene Konstruktion eines achromatischen Objektivs zu er
wähnen, bei dem die chromatische Aberration durch Verbindung von zwei
Linsen aus Krön- und Flintglas zum größten Teil unschädlich gemacht und
auch die sphärische Aberration beträchtlich vermindert wurde. Mit der zu
nehmenden Größe der achromatischen Objektive war man jedoch wegen der
technischen Schwierigkeiten in der Herstellung der Gläser bald an einer
Grenze angekommen. Weit weniger Schwierigkeiten bot die Herstellung von
sphärischen Metallflächen, und der Energie Herschels gelang es, bereits im
letzten Viertel des 18. Jahrhunderts jene mächtigen Spiegelteleskope herzu
stellen, die einen ganz neuen Einblick in das Weltall lieferten. Während
diese Spiegelteleskope zunächst die Herrschaft behielten, wurde fortgesetzt
an der Vervollkommnung der achromatischen Objektive gearbeitet, bis in
ganz allmählichem Fortschritt, wesentlich durch Fraunhofer und seine Nach
folger, um die Mitte des 19. Jahrhunderts Achromate von 40 cm Öffnung
hergestellt wurden, die die großen und schwer montierbaren Spiegeltele
skope an Leistungsfähigkeit übertrafen. Bis 1900 hat der Siegeszug der großen
achromatischen Fernrohre, deren größtes (Yerkesrefraktor) eine Öffnung von
102 cm besitzt, angedauert; die weitere Entwicklung indes brachte es mit sich,
daß, wenigstens in der Himmelsphotographie, eine neue Ära der Spiegel
teleskope begonnen hat. Gerade was die Lichtstärke anbetrifft, sind die
Spiegel aus versilbertem Glase den Linsen wesentlich überlegen. Der Licht
verlust bei Reflexion auf gut poliertem Silber beträgt etwa 5%. während
die Objektive, wie wir sahen, allein durch Reflexion einen Lichtverlust von
mindestens 10%, bei nicht verkitteten Linsen von etwa 19% haben, den Ver
lust durch Absorption nicht mitgerechnet.
Bei der Behandlung der Fernrohre und ihrer Fehler dürfen die Wirkun
gen der Atmosphäre nicht außer acht gelassen werden. Diese ist gleichfalls
ein optisches Medium und als solches ein integrierender Bestandteil eines
jeden Fernrohrs, dabei aber von sehr komplizierter und wechselnder Struk
tur. Die Luft ist durch den wechselnden Gehalt an Staub und kleinsten
Wassertröpfchen Trübungen ausgesetzt; gleichzeitig findet eine Absorption
in den die Atmosphäre zusammensetzenden Gasen statt, vor allem durch
Wasserdampf, Kohlensäure und Ozon. In welcher Weise und in welchem
Grade hierdurch für die sichtbaren Strahlen Extinktion entsteht, ist ausführ
lich auf S. 103 f. auseinandergesetzt. Dort ist auch gezeigt worden, daß diese
Extinktion mit abnehmender Wellenlänge merklich zunimmt, und daß der
schwächende Einfluß unserer Atmosphäre für die photographischen Strahlen