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B. Die Ergebnisse der astrophysikalischen Forschung
Das Spektrum der Sonnenfackeln unterscheidet sich im sichtbaren Teil
vom gewöhnlichen Photosphärenspektrum nur durch die größere Helligkeit
des kontinuierlichen Untergrundes. Andeutungen von einer Umkehr der
Wasserstofflinien sind nicht selten visuell
bemerkt worden. Von besonderem Interesse
ist aber das Verhalten der Kalziumlinien H
und K an der Grenze des Violett, deren
Studium nur auf photographischem Wege
möglich ist. Diese beiden Linien sind in
den Fackeln stets umgekehrt und sogar fast
immer doppelt umgekehrt. Auf der stark
Abb. 132. Linienverschiebungen im verbreiterten Absorptionslinie erscheint die
Fleckenspektrum. Emissionslinie hell in zwei Komponenten,
zwischen denen sich die doppelt umgekehrte feine schwarze Absorptionslinie
befindet (Abb. 139). Durch die Untersuchungen von Hale und Deslandres ist
nachgewiesen worden, daß sie sogar an sehr vielen Stellen der Sonnenober
fläche, an denen sich bei direkter Beobachtung nichts Besonderes auffinden
ließ, hell auftreten. Hiermit ist die zunächst befremdend erscheinende Tat
sache verbunden, daß die übrigen Kalziumlinien die Umkehr nicht zeigen;
doch ist durch Huggins dieses Verhalten aufgeklärt worden. Die beiden
Linien H und K sind die Linien der größten spektralen Empfindlichkeit des
Kalziums, und zwar in außerordentlich hohem Maße. Wenn bei ganz geringer
Menge von Kalziumdampf bereits alle anderen Linien längst verschwunden
sind, leuchten diese beiden noch in hoher Intensität; ja es ist außerordent
lich schwierig, die bei den Versuchen benutzten Elektroden so rein herzu
stellen, daß die Kalziumlinien nicht auftreten. Es folgt also hieraus, daß über
den Fackeln und überhaupt an denjenigen Stellen, wo die Kalziumlinien um
gekehrt auftreten, die Menge oder die Dichtigkeit des Kalziumdampfes nur
eine sehr geringe zu sein braucht.
Spektroheliographische Untersuchungen. Die Umkehr der Kalzium
linien in einem breiten dunklen Felde ist zuerst von Hale zu einer neuen
Methode der Sonnenbeobachtung benutzt worden, die besonders für das Stu
dium der Fackeln von epochemachender Bedeutung gewesen ist und sich auf
die Herstellung der Kalziumbilder der Sonne bezieht.
Das Instrument, mit dem Hale seine Untersuchungen anstellte, der Spek-
troheliograph, war ursprünglich nur zur photographischen Aufnahme der
Protuberanzen bestimmt, wurde aber bald mit dem größten Erfolge auf die
Fackeln angewendet. Zum Verständnis des Apparats ist z. T. auf die weiter
unten gegebenen Auseinandersetzungen über die spektroskopische Beobach
tung der Protuberanzen zu verweisen.
Der Spektroheliograph besteht im wesentlichen aus einem Spektroskop,
welches an und für sich nur wenig von der gewöhnlichen Konstruktion
verschieden ist. In der schematischen Darstellung des Spektroskopdurch
schnittes (Abb. 133) befindet sich bei «S der Spalt. Das durch denselben ein
dringende Lichtbündel wird durch den Kollimator C parallel gemacht und
fällt alsdann auf den Spiegel G, von dem es zu den Prismen P x und P.>
reflektiert wird. Durch das Objektiv B des Beobachtungsfernrohrs wird das
Spektrum auf eine photographische Platte projiziert. Es sei noch erwähnt,