Full text: Astrophysik

V. Die Sonne 
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von einem roten 10 bis 15" breiten Ring, der Chromosphäre umgeben, der 
nach außen oft unregelmäßig begrenzt ist und hier und da wolkenartige 
Hervorragungen von roter Farbe, die sog. Protuberanzen, aufweist. An die 
Chromosphäre schließt sich ein silberweißer Saum an, der schnell an Inten 
sität abnimmt und zuweilen bis zum Mehrfachen des Sonnendurchmessers 
verfolgt werden kann. Diesen für den Beschauer wirkungsvollsten Teil der 
Sonnenatmosphäre hat man Korona genannt. 
Wie die spektroskopische Beobachtung gelehrt hat, bestehen Chromo 
sphäre und Protuberanzen wesentlich aus Wasserstoff, Helium und Kalzium; 
in den Linien dieser Metalldämpfe können diese Gebilde 
demnach spektroheliographisch zu allen Zeiten studiert 
werden, während dies bei der Korona bisher nicht gelungen 
ist. Hier ist man noch immer auf die wenigen Minuten einer 
Sonnenfinsternis angewiesen. Die umkehrende Schicht ist 
einige Male auf hohen Bergen auch außerhalb einer Fin 
sternis beobachtet worden, unter anderen von Young und 
Hale. 
Wenden wir uns zunächst der umkehrenden obersten 
Photosphärenschicht zu, so ist, wie auf allen Gebieten der 
Astrophysik, ihr genaueres Studium der Anwendung der 
Photographie und zwar der Prismenkamera zu verdanken. 
Die Prismenkamera ist ein photographischer Apparat nach 
Art der Abb. 48, der durch ein Gitter oder ein bzw. meh 
rere Prismen in ein Spektroskop ohne Spalt verwandelt 
ist. Als Spalt dient die umkehrende Schicht selbst, so daß 
die Linien des Spektrums auf den Aufnahmen in der Form dieser Schicht, 
also als Kreisbögen, erscheinen. Die Aufnahmen werden unmittelbar nach 
der Verdeckung der Sonnenscheibe oder am anderen Rande unmittelbar vor 
dem Auftauchen derselben hergestellt, und zwar wird (Abb. 143) der Moment 
benutzt, in welchem die Mondscheibe (schraffiert angedeutet) den eigent 
lichen Sonnenrand beinahe berührt, so daß von der Sonnenscheibe nur eine 
äußerst schmale Sichel übrig bleibt. Diese schmale Sichel dient als Spalt, 
und es entsteht zunächst ein gewöhnliches Sonnenspektrum mit den dunklen 
FRAUNHOFERSchen Linien in Form dieser Sichel. 
Die punktierte Linie möge nun die umkehrende Schicht andeuten; an 
den beiden Sichelenden, an denen die Mondscheibe die Sonne vollständig 
verdeckt, bleibt die umkehrende Schicht auf eine kurze Strecke außerhalb 
des Mondrandes, und diesen Stellen entsprechend müssen an den Enden 
der dunklen FRAUNHOFERSchen Linien die hellen Umkehrlinien auftreten, 
so daß man unmittelbar erkennen kann, bei welchen dunklen Linien die 
Umkehr auftritt. 
In Abb. 144 ist die Erscheinung der völligen Linienumkehr 1 bis 2 S vor Be 
ginn bzw. nach Schluß der Totalität auf das deutlichste zu erkennen. Das 
obere Spektrum ist beim zweiten Kontakt aufgenommen, das untere beim 
dritten Kontakt; hier ist bereits ein kleines Stück der Sonnenscheibe auf 
getaucht und hat den mittleren hellen Streifen des kontinuierlichen Spek 
trums verursacht. Es ist übrigens zu beachten, daß nur die kurzen scharfen 
Linien dem eigentlichen Flashspektrum angehören. Die großen breiten und 
Abb. 143. 
Entstehung des 
Flashspektrums.
	        
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