Full text: Astrophysik

V. Die Sonne 
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Die Sonne ist ein glühend-flüssiger Körper, umgeben von einer glühen 
den Atmosphäre; in der letzteren schwebt eine fortdauernd sich erneuernde 
Decke von leuchtenden kumulusartigen Wolkengebilden in einem gewissen 
Abstande von der glühend-flüssigen Oberfläche. An solchen Stellen, wo die 
Wolkendecke sich vermindert oder auflöst, entstehen durch kräftige Aus 
strahlung auf der glühend-flüssigen Oberfläche schlackenartige Abkühlungs 
produkte. Dieselben liegen folglich tiefer als das allgemeine Niveau der 
leuchtenden Wolkendecke und bilden die Kerne der Sonnenflecken. Neben 
diesen abgekühlten Stellen entstehen absteigende Luftströme, welche um die 
Küsten der Schlackeninseln eine Zirkulation einleiten, der die Penumbra 
ihren Ursprung verdankt. Die innerhalb dieses Zirkulationsgebiets gebilde 
ten wolkenartigen Abkühlungsprodukte werden hinsichtlich ihrer Gestalt und 
Temperatur durch die Natur der strömenden Bewegung bestimmt. Sie müs 
sen uns daher infolge ihrer Temperaturerniedrigung weniger leuchtend als 
die übrige Wolkendecke der Sonnenoberfläche und durch ihre abstürzenden 
Bewegungen über dem Fleck trichterartig vertieft erscheinen. 
Die Protuberanzen betrachtet Zöllner als gewaltige Wasserstofferup 
tionen aus dem Innern der Sonne durch die flüssige Oberfläche hindurch; 
er sieht dieselben daher auch als die Quelle lokaler Gleichgewichtsstörungen 
in der Sonnenatmosphäre an. 
Die Tatsache, daß die Sonne nicht wie ein fester Körper rotiert, sondern 
daß ihre Winkelgeschwindigkeit vom Äquator nach den Polen zu immer 
mehr abnimmt, sucht Zöllner als das Resultat einer mechanischen Reaktions 
wirkung der atmosphärischen Strömungen auf die flüssige Sonnenoberfläche 
zu erklären. Die anschließende mathematische Untersuchung hat natürlich nur 
Bedeutung unter der Annahme einer flüssigen Sonnenoberlläche; sie ist da 
her für unsere heutigen Anschauungen nur noch von geringem Interesse. 
Secchis Sonnentheorie. Wenn an dieser Stelle den Ansichten Secchis 
ein breiterer Raum zugewiesen wird, so ist dies darin begründet, daß kaum 
ein anderer Forscher des vergangenen Jahrhunderts sich auch praktisch so 
gründlich mit der Sonnenphysik und gleichzeitig auch mit der Physik der 
Fixsterne befaßt hat, wie gerade Secchi. 
Secchi hat sich als einer der ersten von der Annahme einer feurig-flüssi 
gen Sonnenoberfläche freigemacht; er betrachtet die Sonne im wesentlichen 
als einen Gasball mit nach außen abnehmender Dichtigkeit und die Photo 
sphäre nur als eine spezielle Schicht dieses Gasballes oder der Sonnenatmo 
sphäre. Seine Ansichten sind im Gegensätze zu Kirchhoff und Zöllner 
auf außerordentlich zahlreiche eigene Beobachtungen gegründet und ver 
dienen schon deshalb heute noch Beachtung. Wenn auch einige seiner 
Schlüsse nicht mehr haltbar sind, so spiegelt seine Theorie in ihren wesent 
lichen Teilen noch die Ansichten der Mehrzahl der jetzigen Astrophysiker 
wieder. In manchen Einzelheiten hat Secchi seine Ansichten im Laufe der 
Zeit geändert, so daß ein einheitliches Bild derselben kaum zu geben ist; 
wir wollen hier seinen Darlegungen folgen, wie er sie um das Jahr 1877 
ausgesprochen hat. 
Die Sonne ist ein leuchtender Körper von enormer Temperatur, in dem 
die unseren Chemikern und Physikern bekannten Substanzen, sowie andere 
noch unbekannte Stoffe sich in einem dampfförmigen Zustande befinden
	        
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