V. Die Sonne 221
Photosphäre mit einer hohen Temperatur verlassen, steigen in die höheren
Regionen der letzteren und bilden das, was wir Protuberanzen nennen.
Die Eruptionen sind oft vermischt mit Säulen metallischer Dämpfe von
größerer Dichte, welche die Höhe des Wasserstoffs nicht erreichen. Derartige
Massen von Dämpfen, die, aus dem Innern der Sonne hervorbrechend, einen
großen Teil des Photosphärenlichtes absorbieren, bilden die Sonnenflecken.
Diese Dämpfe sind schwerer als die umgebenden Massen, in die sie
hineingeworfen sind. Sie fallen deshalb durch ihr eigenes Gewicht, sin
ken tiefer in die Atmosphäre und bringen in ihr eine Art von Höhlung
hervor. Daher rührt die bei den Flecken wahrgenommene Vertiefung. Ist
die Eruption plötzlich oder von sehr kurzer Dauer, so wird die Dampf
masse bald wieder glühend und der Fleck verschwindet schnell; aber die
inneren Krisen des Sonnenkörpers mögen sich eine lange Zeit fortsetzen,
und die Eruption kann sich an derselben Stelle mehrere Sonnenrotationen
hindurch erhalten. Daher die Beständigkeit der Flecken; denn die Wolke
kann fortfahren, sich so lange und so weit zu bilden, als die Photosphäre
sich auflöst.
Die Penumbra besteht in Wirklichkeit aus dünnen, dunklen Schleiern
und aus Fasern oder Strömen photosphärischer Materie, welche auf die
dunkle Masse hereinzubrechen streben. Diese Ströme haben die Form von
Zungen, die wie Perlenschnüre oder Weidenblätter aussehen und offenbar
nur die Körner der Photosphäre sind, welche sich gegen das Zentrum des
Flecks stürzen und den Kern mitunter gleich einer Brücke kreuzen.
Die nur aus Wasserstoff bestehenden Eruptionen bringen die Fackeln
hervor. Der größere Glanz derselben hat zwei Ursachen: die erste liegt in
der Empordrängung der Photosphäre über die absorbierende Dampfschicht;
diese höhere Region entgeht so der Absorption der tieferen Schicht und er
scheint glänzender. Die andere Ursache mag sein, daß der Wasserstoff beim
Hervorbrechen die absorbierende Schicht verdrängt, und, indem er an die
Stelle der metallischen Dämpfe tritt, einen besseren Blick auf die Photo
sphäre selbst gestattet.
Über das Innere der Sonne haben wir keine sichere Kenntnis. Die Tem
peratur der Oberfläche ist trotz des fortwährenden Wärmeverlustes, welchen
sie erleidet, sehr groß, und wir können für das Innere keine geringere an
nehmen; folglich kann keine feste Schicht dort existieren, ausgenommen
vielleicht in Tiefen, wo der durch die Schwere entstehende Druck die von
der Wärme hervorgerufene molekulare Ausdehnung erreicht oder übertrifft.
Wie dem auch sein mag, die der Erforschung durch unsere Instrumente zu
gängliche Schicht ist zweifelsohne flüssig und gasförmig. Trotz möglicher
kleiner Schwankungen ist die Wärmestrahlung der Sonne doch nahezu kon
stant, während langer Zeiträume und im besonderen während der historischen
Zeit. Die Konstanz der Wärmestrahlung hat mehrere Ursachen: zuerst die
enorme Masse des Körpers, der sich wegen der sehr hohen Temperatur nur
sehr langsam abkühlen kann; dann die Zusammenziehung der Masse, welche
die dem Wärmeverlust folgende Kondensation begleitet; endlich die Aus
strahlung der Dissoziations- oder Zersetzungswärme, die aus chemischen, in
der Masse stattfindenden Wirkungen entsteht.
Aus dieser eigenen hier stark gekürzten Darstellung Secchis sind die