V. Die Sonne 231
glichen und glaubt damit die allgemeinen Erscheinungen der Korona in Zu
sammenhang bringen zu können. Da die Bahnen der ausgestoßenen Teilchen
Ellipsen sind, so müssen diese Teilchen schließlich wieder zur Sonne zurück
fallen, und hierdurch sollen nun periodische Variationen in der Struktur der
Korona erklärt werden. Hierzu ist ja nur die Annahme nötig, daß die durch
schnittliche Zeit zur Zurücklegung der Bahn 11 Jahre ist, um die Tätigkeits
periode der Sonne zu erklären. Es kann nicht behauptet werden, daß die
Theorie, besonders ihr letzter Teil, unter den Astrophysikern nennenswerten
Anklang gefunden hätte.
Auf gänzlich anderer Grundlage beruht eine Hypothese, die von Ebert
aufgestellt worden ist. Nach den Untersuchungen von Hertz sendet ein
Körper, in dem periodische elektrische Schwingungen stattfinden, Äther
wellen aus, deren Länge von den Dimensionen des Körpers abhängt. Be
trachtet man die Sonne als einen solchen Oszillator, so würden die mit
Lichtgeschwindigkeit ausgehenden Wellen eine Länge von 1950000 km bei
einer Periodendauer von 6 V 2 S haben. Die Oszillationen selbst werden an
geregt durch plötzliche Störungen des elektrischen Gleichgewichts. Es ist
nun experimentell festgestellt, daß verdünnte Gase beim Durchgang elektri
scher Wellen leuchten. Ebert nimmt daher an, daß die Korona die sicht
bare Reaktion der in der Nähe der Sonne befindlichen, äußerst fein verteil
ten Materie auf die elektrischen Wellen ist, welche von den verschiedenen
Teilen der Sonne ausgehen. Um diese Ansicht praktisch wahrscheinlich zu
machen, hat H. Ebert folgendes Experiment angestellt.
Eine Messingkugel, die sich in einem großen, mit sehr verdünnten Gasen
angefüllten Glaszylinder befand, wurde durch einen Draht mit einem elek
trischen Oszillator Lecher scher Anordnung verbunden, so daß die Kugel
selbst als Ausgangsstelle elektrischer Wellen anzusehen war, und es wurden
dann in den verdünnten Gasen Ströme sichtbar, die von der Kugel aus
gingen, ohne daß ein Konduktor in der Nähe des Glaszylinders vorhanden
gewesen wäre. Die Ströme gehen dabei von solchen Punkten der Kugel
aus, an welchen die störenden Ursachen sich möglichst dicht zusammen
drängen, besonders also von unregelmäßig gekrümmten Teilen der Ober
fläche, die bei den hier in Frage kommenden Versuchen künstlich herge
stellt wurden.
Wenn die elektrischen Schwingungen sehr heftig werden, so wird die
Lichthülle sehr ausgedehnt und die strahlige Struktur gleichzeitig sehr deut
lich. Zuweilen brechen helle, radial gerichtete Strahlen hervor, genau so wie
bei einer stark entwickelten Korona. Besonders bei etwas höherer Gasdichte
schießen Strahlen nach allen Richtungen bis zu 12 cm Länge heraus, also bis
zum 8 fachen Durchmesser der Kugel, und zwar nicht immer in radialer
Richtung, so daß sie zuweilen infolge der perspektivischen Verschiebung die
Kugel in der Tangente zu verlassen scheinen, genau so, wie man es bei
Sonnenfinsternissen beobachtet hat (Abb. 159). Diese Strahlen bilden sich
hauptsächlich, wenn das Gläsgefäß außen mit einem nach der Erde abge
leiteten metallischen Leiter versehen ist. Das würde mit dem Falle identisch
sein, daß sich ausgedehnte Massen kosmischen Staubes in der Nähe der
Sonne befinden. Wenn die Oberfläche der Kugel an einer Stelle durch An
bringung eines Stückchens Stanniol diskontinuierlich gemacht wird, so geht