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A. Die astrophysikalischen Forschungsmethoden
In einem Gase sind die Atome am weitesten voneinander entfernt und da
her auch am unabhängigsten. Wir können uns also leicht vorstellen, daß
ganz reine Strahlung nur bei einem Gase zu erwarten ist; und es ist durchaus
denkbar, daß ein Gas nur eine einzige Art von Schwingungen aussendet. Bei
einem festen oder flüssigen Körper aber sind die Moleküle in starker gegen
seitiger Abhängigkeit; freie Schwingungen werden kaum noch ausgeführt,
sondern alle möglichen finden gleichzeitig statt; die Strahlung entspricht
dann dem Geräusche beim Schall.
Schon bei den Wellen der wägbaren Materie, den Schallwellen, zählen
die Schwingungen bis zu vielen Tausenden in der Sekunde. Die erwähnten
periodischen Vorgänge im Atominneren verlaufen aber so rasch, daß hier
bei Schwingungszahlen von ganz unvorstellbarer Größe entstehen. Die lang
samste Ätherschwingung, die durch ihre Wärmeerzeugung noch nachweisbar
ist und bei einer weit unter dem Gefrierpunkt liegenden Temperatur emit
tiert wird, beträgt noch drei Billionen in der Sekunde — relativ langsam,
absolut genommen unvorstellbar schnell.
Es ist nun für die Darstellung bequemer, und für die Auffassung leichter,
statt der unbegreiflich hohen Schwingungszahlen die Längen der Ätherwellen
einzuführen; wir erhalten dann umgekehrt recht kleine aber doch durch
aus nicht unvorstellbare Zahlen oder Dimensionen. Die Umsetzung der
Schwingungszahlen in Wellenlängen, und umgekehrt, ist sehr einfach; sie
beruht auf dem Naturgesetz, daß sich die Strahlung im leeren Raume ohne
Rücksicht auf die Zahl der Schwingungen mit derselben Geschwindigkeit von
300000 km in der Sekunde fortpflanzt. Man erhält also die Länge A der
Wellen, wenn die konstante Fortpflanzungsgeschwindigkeit von 300000 km
durch ihre Schwingungszahl v pro Sekunde dividiert wird, also
, 3 10 u
a = mm.
V
Die oben erwähnten langsamen Schwingungen von 3 Billionen in der
Sekunde erzeugen danach die sehr großen Ätherwellen von 0.1 mm Länge.
Je schneller die Schwingungen verlaufen, um so kleiner werden natürlich
die entsprechenden Wellenlängen. Als Einheit für die Länge der Wellen
nimmt man in der Physik oft das Mikron, den tausendsten Teil des Milli
meters; als kurze Bezeichnung hierfür ist ein angehängtes ¡tt gewählt. Einer
Wellenlänge von 1 entsprechen nach dem Vorigen 300 Billionen Schwin
gungen in der Sekunde.
Es muß hier erwähnt werden, daß die Strahlung selbst von unseren
Sinnen nicht empfunden werden kann; das Weltall, welches von so un
zählig vielen Wellen nach allen Richtungen hin durchzittert wird, ist dunkel.
Zur Wahrnehmung gelangen die Strahlungen erst, wenn sie auf wägbare
Materie treffen, und ihre allgemeinste Äußerung ist alsdann diejenige der
Wärmeerzeugung. Die in den Ätherwellen mitgeführte Energie setzt sich
zum Teil in Wärme um; sie erhöht die Temperatur des von der Strahlung
getroffenen Körpers, und wie wir später sehen werden, ist die Umsetzung
der Strahlung in Wärme gerade das allgemeinste Maß für ihre Intensität.
Die Nachweisbarkeit der Strahlung durch die Umsetzung in Wärme hat aber
vorläufig praktische Grenzen: die obere liegt bei der Wellenlänge 100