Full text: Astrophysik

V. Die Sonne 
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Berechnet man z. B. unter der Voraussetzung, daß die Temperaturabnahme 
nach einer geometrischen Progression erfolgt, die Zeit, die erforderlich ist, 
um die Sonnentemperatur von dem Doppelten ihres Betrages auf die jetzige 
Temperatur von 6000° zu erniedrigen, so erhält man hierfür den Betrag von 
rund 3000 Jahren. Es bedarf eigentlich gar keiner Frage, daß ein so enor 
mer Unterschied auf das deutlichste in die Erscheinung treten müßte. Ge 
rade die verschiedenen Eiszeiten lehren, daß in den letzten Jahrtausenden 
von einer wesentlichen säkularen Abnahme der mittleren Temperatur auf der 
Erde keine Rede sein kann, sondern höchstens von starken periodischen 
Schwankungen. 
Es ist also klar, daß zur Zeit wenigstens noch eine Kraft wirksam sein 
muß, welche die durch die Ausstrahlung bedingte Erniedrigung der Tempe 
ratur ganz oder zu ihrem größten Teile ausgleicht. Man kann sich diese 
Ausgleichung auf zweierlei Art denken. Entweder wird auf irgendeine Weise 
der Sonne Energie von außen zugeführt, so daß weder ein Temperaturabfall 
noch auch ein Energieverlust eintritt, oder es findet infolge innerer Prozesse 
wohl eine Erhaltung der Temperatur statt, nicht aber eine solche der Energie, 
d. h. der Ausgleichungsvorgang ist nur ein zeitlich beschränkter, der nach 
einer gewissen Zeit unter allen Umständen aufhören muß. 
Bei der Energiezufuhr von außen könnte man in erster Linie an die 
Bestrahlung der Sonne durch die anderen Fixsterne denken, von denen 
ja jeder einen ähnlichen Energieverlust durch Strahlung erleidet wie die 
Sonne. Da die Erde aber der gleichen Strahlung ausgesetzt ist, und letz 
tere hier nicht merklich erscheint, so kann natürlich von einem wesentlichen 
Ersatz der Sonnenausstrahlung auf diesem Wege nicht die Rede sein. 
Eine zweite Art der Zufuhr von Energie, die gleichzeitig mit einer Ver 
mehrung der Masse der Sonne verbunden wäre, ist durch den Zusammen 
stoß der Sonne mit meteorischen Massen denkbar. Wegen der meist sehr 
großen Geschwindigkeiten dieser Massen ist trotz ihrer Kleinheit die dabei 
umgesetzte Wärmemenge eine sehr bedeutende. Es läßt sich nun berechnen, 
welche Masse erforderlich ist, um durch ihren Zusammenstoß mit der Sonne 
den Strahlungsverlust zu decken. Gelangt ein Körper mit der Anfangsge 
schwindigkeit 0 in den Anziehungsbereich der Sonne, so wird er beim Auf 
treffen auf die Sonnenoberfläche eine Geschwindigkeit von 607 km erlangen, 
und hieraus läßt sich die Masse berechnen, die erforderlich wäre, um den 
Wärmeverlust von 29-IO 32 Gr.-Kal. zu decken, nämlich 6-10 22 kg. Das 
wäre aber der millionste Teil der Sonnenmasse, und eine jährliche Zunahme 
der letzteren von diesem Betrage würde eine jährliche Verkürzung des Erd 
umlaufs oder unserer Jahreslänge um ungefähr I s bewirken, was nach allen 
Beobachtungen gänzlich ausgeschlossen ist. Falls eine Verkürzung der ge 
nannten Art überhaupt stattfindet, so beträgt sie kaum 0.5 s im ganzen 
Jahrhundert. 
Man wird mithin zu der unumstößlichen Tatsache geführt, daß von außen 
her kein merklicher Ersatz der Sonnenenergie stattfindet. Andererseits aber 
unterliegt es keinem Zweifel, daß die Sonnentemperatur in den letzten Jahr 
tausenden sich auf nahe gleicher Höhe gehalten hat. Helmholtz hat nun 
eine Theorie über die Erhaltung der Sonnentemperatur bei ständigem Ver 
lust der Wärmemenge aufgestellt, welche gleichzeitig auch darüber Aufschluß
	        
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