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B. Die Ergebnisse der astrophysikalischen Forschung
meiskörpern kann nur der Erdmond als Vergleichsobjekt herangezogen
werden.
Venus. Die Venus kommt ihrer Größe nach der Erde am nächsten, denn ihr
Durchmesser beträgt 12300 km; auch ihre Dichte entspricht derjenigen der
Erde mit 0.9 fast vollkommen. Ihre mittlere Entfernung von der Sonne be
trägt bei sehr geringer Bahnexzentrizität 108000000 km. Den Umlauf um
die Sonne vollführt sie in 225 Tagen.
Wegen der großen Helligkeit der Venus im Fernrohr entstehen auf ihrer
Oberfläche, wie Villiger an weißen seitlich beleuchteten Kugeln nachgewiesen
hat, Schattierungen, die rein physiologisch
gedeutet werden können. Daher ist auch
die Bestimmung der Rotationsdauer aus
Flecken völlig illusorisch. Früher glaubte
man, daß Venus in ungefähr 24 Stunden
um ihre Achse rotiere, unter Berufung auf
Beobachtungen der beiden Cassini, Schrö
ter und De Vico. Später, um 1880, ist
Schiaparelli auf Grund zahlreicher und
sorgfältiger Untersuchungen zu dem Er
gebnis gelangt, daß die Rotationsdauer
Abb. 164. Die Venus in Vierteiphase wie bei Merkur mit der Umlaufszeit zu-
am 12 . und i3. Juli 1911 . sammenfällt, also 225 Tage beträgt. Die
ses Resultat, welches man längere Zeit für sehr sicher gehalten hat, ist
neuerdings wieder zweifelhaft geworden, da spektrographische Beobachtungen
von Belopolski, die zwischen 1900 und 1911 angestellt worden sind, für
eine kurze Rotationszeit sprechen. Befindet sich Venus nahe der oberen
Konjunktion, so nähert sich durch die Rotation der eine Rand der Erde,
während sich der andere gleichzeitig von ihr entfernt. Aus den Linienver
schiebungen erhält man somit das Doppelte der wirklichen linearen Rotations
geschwindigkeit, so daß unter Annahme der kurzen Rotationsdauer von 24 h
ein Unterschied von 1 km in die Erscheinung treten würde. Die letzten Belo
polski sehen Messungen ergaben nun für die Differenz 0.6 km, so daß in der
Tat eine Rotationsgeschwindigkeit des Venusäquators von etwa 0.3 km, ent
sprechend einer Rotationsdauer von 34 bis 35 Stunden anzunehmen wäre.
Die Genauigkeit dieser überaus schwierigen Messungen ist indessen noch zu
gering, auch besteht ein Widerspruch mit Lowell, der zu einem durchaus
negativen spektrographischen Ergebnis gelangt ist. Man tut demnach gut,
die Frage als noch unaufgeklärt zu betrachten.
In bezug auf die eigentlichen Absorptionslinien und, wie es scheint, auch
auf die Intensitätsverhältnisse der einzelnen Spektralgebiete haben die Beob
achtungen im Bereiche der kürzeren Wellenlängen eine vollständige Überein
stimmung zwischen Venus- und Sonnenspektrum ergeben. Scheiner und
Vogel haben im photographischen Spektrum Hunderte von Linien in abso
luter Übereinstimmung gefunden. Dagegen zeigen sich im roten Teil die atmo
sphärischen Bänder, und auch hier wieder die Wasserdampflinien, mit Sicher
heit verstärkt, so daß die Existenz einer wasserdampfhaltigen Atmosphäre
auf der Venus nachgewiesen ist. Eine Bestätigung dieses Resultats ist durch
eine Reihe anderweitiger Beobachtungen geliefert. So ist die Lichtgrenze bei