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B. Die Ergebnisse der astrophysikalischen Forschung
Gestalt, sie sind vor allen Dingen sehr viel größer als diese. Der den Krater
umschließende, oft mehrfache Wall erhebt sich in langsamer Steigung von
der Umgebung; der Böschungswinkel beträgt durchschnittlich nur 7°. Nach
innen fällt er dagegen steil ab, mit durchschnittlich 25° Neigung; doch kommen
sehr viel stärkere Neigungen vor. Der im allgemeinen ziemlich ebene Innen
raum der Krater liegt stets etwas tiefer als die Umgebung. Die größeren
Krater haben gewöhnlich einen Zentralberg, der meistens niedriger als der
Wall zu sein pflegt. Die größten Krater weisen sogar Zentralgebirge mit
mehreren Spitzen auf, so z. B. Kopernikus und Gassendi. Eine einzige Aus
nahme von der Regel bietet der Krater Wargentin, der fast bis zum Rande
ausgefüllt ist, so daß seine innere Ebene ohne Zentralberg wesentlich über
dem Niveau der Umgebung liegt und einen Tafelberg darstellt. Bei den
kleinsten Kratern oder Kratergruben, die einen Durchmesser von 500—2000 m
haben mögen, fehlt oft der Wall. Die kreisrunden Vertiefungen werden
dann überhaupt nur an der Lichtgrenze, also bei sehr schräger Beleuchtung
sichtbar.
Die Zahl der kleineren Krater und Gruben ist eine außerordentlich hohe.
Zuweilen, wie in der Gegend des Stadius, liegen einige größere reihenweise
so dicht zusammen, daß sie eine richtige Perlschnur bilden, wahrscheinlich
ist aber der ganze Boden der Mondoberfläche von ihnen übersät. So lassen
sich an der Lichtgrenze im Inneren von Plato etwa 40, im Ptolemäus mehr
als 80 winzige Krater von kaum 300 m Durchmesser zählen. Die größten
Krater bzw. Wallebenen besitzen einen Durchmesser bis zu 250 km und
entsprechen an Größe etwa Böhmen oder Siebenbürgen. Auf eine gewisse
Ähnlichkeit dieser beiden, von Gebirgen umgebenen Länder mit den großen
Mondkratern ist schon früh aufmerksam gemacht worden; sie ist aber nur
eine sehr oberflächliche.
Sehr häufig gruppieren sich kleine Krater auf dem Wall der größeren,
sowohl auf dem Kamm als auch an den Böschungen. Hierbei durchbrechen
diese kleinen Krater stets den Wall des größeren und zeigen dabei eine
selbständige ungestörte Ausbildung. Die großen Krater haben sich daher
zuerst, die kleinen zweifellos später gebildet, ja, die Größe eines Kraters ist
geradezu ein Zeichen seines Alters. Man muß daher entweder annehmen,
daß die kraterbildenden Kräfte in früherer Zeit größer waren als in späterer,
oder, was vielleicht noch wahrscheinlicher ist, daß das Material des Mondes
in früherer Zeit leichtflüssiger und zur Bildung großer Krater mehr geeignet
war als später.
Andere Gebilde der Mondoberfläche. Veränderungen. Die großen
dunklen Tiefebenen des Mondes, die bereits dem bloßen Auge auffallen
und Meere genannt werden, sind zwar teilweise von Gebirgen umgrenzt,
aber keineswegs vollständig; ihre Gestalt ist jedenfalls unregelmäßig, so daß,
vielleicht mit einziger Ausnahme des Mare Crisium, von einer Ähnlichkeit
in der Bildung mit den großen Kratern keine Rede sein kann. Ihre Dunkel
heit ist eine verschiedene; auch verschiedenartige Färbungen scheinen vor
zuliegen, doch kommen sie visuell nur in geringem Maße zur Geltung. In
der Nähe der Lichtgrenze, wo geringe Niveauunterschiede sichtbar werden,
kann man bemerken, daß die Meere nicht völlig eben sind, sondern vielfach
terrassenartige Absätze mit parallelem Verlaufe aufweisen.