B. Die Ergebnisse der astrophysikalischen Forschung
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Von besonderem Interesse sind die schon sehr lange bekannten Rota
tionsunterschiede der einzelnen Teile der Jupiteroberfläche, die den letzten
und sichersten Beweis für deren wolkige Natur liefern. Bei der überaus
schnellen Umdrehung Jupiters von kaum 10 h , läßt sich die Bestimmung
der Rotationszeit markanter Punkte sehr einfach durch Schätzung desjenigen
Zeitmoments ausführen, in dem der betreffende Fleck die Mittellinie der
Scheibe passiert, und es liegen zahlreiche Untersuchungen dieser Art vor.
Es erscheint nach denselben als sicher, daß, ähnlich wie auf der Sonne, die
Rotationsdauer nach den Polen hin zunimmt. Eine auf umfangreichem Ma
terial beruhende Untersuchung von Belo-
polski führt zu den Werten der neben
stehenden Tabelle. Es ergibt sich hieraus,
daß gegenüber der Sonne hier nur eine sehr
schmale äquatoriale Zone eine auffallend
kurze Rotationszeit, also größere Geschwin
digkeit besitzt, und zwar scheint diese
Zone nicht symmetrisch zu liegen, sondern
sich überwiegend auf der nördlichen Halb
kugel zu befinden. Der Übergang zu der langsameren, im großen und
ganzen konstanten Bewegung von ±10° Breite an erfolgt ziemlich schnell.
Die Geschwindigkeitsdifferenz zwischen dem Hauptteil der Oberfläche und
der Äquatorzone bewirkt, daß ein Punkt der letzteren die benachbarten Stellen
in ungefähr 47 Tagen um einen Umlauf überholt.
Die Zahlen der Belopolski sehen Tabelle sind lediglich Mittelwerte, und
es kommt zuweilen vor, daß Flecken in ein und derselben jovigraphischen
Breite völlig abweichende Umdrehungszeiten aufweisen. So wurde im Früh
jahr 1920 in Bergedorf die Teilung eines Fleckes in — 22° Breite beobachtet,
der ursprünglich eine Rotation von 9 h 58.1 m zeigte, diese nach der Teilung
jedoch nur in der einen Komponente beibehielt. Die zweite vollendete eine
Umdrehung in 9 h 53.5 m , während die weiße Wolke, auf die sich die Flecken
projizierten, in 9 h 55.l m , also in der normalen Zeit einen Umlauf vollendete.
Änderungen der Rotationsgeschwindigkeit kommen auch bei beständigeren
Flecken vor. Die Rotationsgeschwindigkeit des Roten Flecks hat sich z. B. von
1878 bis 1888 verlangsamt, von
da an aber wieder merklich er
höht. Die nebenstehende Tafel
veranschaulicht den Vorgang für
die erste und letzte Beobach
tungsperiode des merkwürdigen
Gebildes nach den Untersuchun
gen von Sternberg bzw. Phi
lips. Systematische Breitenver
änderungen von Flecken auf der
Jupiteroberfläche sind nicht mit
Sicherheit konstatiert worden.
Jahr
gh 55 m _f_
Jahr
gh 55m -j-
1879
35 s
1908
40 s
1880
35
1909
41
1881
36
1910
37
1882
37
1911
38
1883
38
1912
38
1884
39
1913
35
1885
40
1914
36
1886
40
1915
37
1887
41
1916
37
1888
44
1917
35
Breite
Rotation
nördl. südl.
0°- 5°
5 —10
10 —15
15 —20
20 -25
25 -45
9 h 50.3 m
50.7
54.8
55.8
55.7
55.5
50.2 m
53.2
55.3
55.3
55.6
54.9
Erwähnenswert ist noch ein Versuch von Belopolski, die mittlere Rota
tionsgeschwindigkeit des Jupiteräquators auf spektrographischem Wege zu
bestimmen. Nimmt man als Rotationsdauer 9 h 50 m an, so würde man eine