VI. Die Planeten, Monde und Kometen
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lineare Geschwindigkeit eines Äquatorpunktes von 12.2 km pro Sekunde zu
erwarten haben. Die spektrographischen Messungen haben die nun etwas
kleinere von 11.4 km ergeben, was in Anbetracht der großen Schwierigkeit
der Messungen als eine gute Übereinstimmung zu betrachten ist.
Schon frühzeitig hat man auf eine Ähnlichkeit der Jupiterphänomene mit
den Verhältnissen unserer Erdatmosphäre in der Nähe des Äquators hinge-
wiesen, wo die Passate und Antipassate in einer dem Äquator parallelen Rich
tung strömen. Hierbei ist aber nicht außer acht zu lassen, daß die Intensität
der Sonnenstrahlung, von deren Wechsel die irdischen meteorologischen
Erscheinungen abhängen, auf Jupiter bereits 29mal geringer ist, so daß
man ihr wohl kaum einen beherrschenden Einfluß auf die Wolkenbildung
Jupiters zuschreiben kann. Man wird vielmehr an innere Ursachen denken
müssen, deren genauere Erforschung freilich die ständige Wolkendecke des
Planeten vollkommen verhindert. Ebensowenig wie mit der Erde — wenig
stens in ihrem gegenwärtigen Entwicklungsstadium — hat Jupiter auch
irgendwelche physische Ähnlichkeit mit der Sonne, was hier im Gegen
satz zu früheren Anschauungen ausdrücklich betont sein mag. Es folgt dies
vor allen Dingen aus der völligen Lichtlosigkeit von Phase und Schatten,
die sich bei Gelegenheit von Verfinsterungen und Bedeckungen der Monde
an großen Instrumenten ganz einwandfrei hat feststellen lassen.
Durch die Beobachtung der vier großen Jupitertrabanten ist manches
astronomische Problem angeregt und gefördert worden, und auch in der
Astrophysik, speziell in der Photometrie, ist die Aufmerksamkeit in hohem
Maße auf sie gelenkt gewesen, wovon die zahlreichen Beobachtungen der
Monde Zeugnis ablegen. Die photometrische Beobachtung ist aber sehr er
schwert durch die Nähe des überblendenden Planeten selbst und durch die
hierdurch verursachte starke Erhellung des Hintergrundes. Schon W. Her-
schel hat angegeben, daß die Helligkeit der vier Monde einem periodischen
Wechsel unterworfen sei. Als durchaus plausible Erklärung hierfür nahm
Herschel die Existenz dunkler Flecken auf den Trabanten an, deren Rota
tionszeit, wie bei unserem Monde, gleich der Umlaufszeit sei. Unter Über
gehung zahlreicher anderer Beobachtungen seien diejenigen von Engelmann
erwähnt, die, mit Hilfe des Zöllner sehen Photometers erhalten, von beträcht
licher Genauigkeit sein dürften. Engelmann fand, daß die beiden inneren Tra
banten eine größere, rasche und unregelmäßige Helligkeitsänderung besaßen,
die beiden äußeren eine geringere, aber regelmäßigere. Aus den Jahren
1877 und 1878 liegt eine große Messungsreihe von Pickering und anderen
Astronomen der Harvardsternwarte vor, die bei keinem der Monde eine
irgendwie hervortretende Helligkeitsänderung zu konstatieren vermochten.
Es könnte hiernach den Anschein haben, als wenn die früher gefundenen
Änderungen der Helligkeiten nicht reell, sondern durch systematische Be
obachtungsfehler verursacht wären, die mit dem Umlauf der Trabanten, also
mit ihrer Stellung zur hellen Jupiterscheibe, irgendwie Zusammenhängen,
und die mit der fortschreitenden Verbesserung der Meßinstrumente immer
mehr zum Verschwinden gelangen. Dem widersprechen aber die Unter
suchungen von Guthnick, nach denen alle Monde, insbesondere der I. und
II. Trabant, stark veränderlich sind; die Helligkeitsschwankungen liegen bei
I zwischen 5.5 m und 6.4 m , bei II zwischen 5.7 m und 6.1 m . Die Periode ent-