302
B. Die Ergebnisse der astrophysikalischen Forschung
laufend, den Schweif bildet, wobei die verschiedenen Teile des Schweifes
sich zu verschiedenen Zeiten vom Kern getrennt haben. Es folgt hieraus,
daß die Schweifmaterie für den Kometen unwiederbringlich verloren geht.
Wenn der Zustand dieser Materie auch sicherlich ein äußerst verdünnter ist
— es ist bisher nicht gelungen, bei der Bedeckung eines Fixsterns durch
den Kopf eines Kometen Spuren einer Refraktion oder einer Absorption nach
zuweisen — so sind die Schweife doch häufig viele Millionen von Kilo
metern lang, und einer steten Neubildung unterworfen, ähnlich der von
einem Schornstein ausgehenden Rauchwolke (Abb. 191), so daß die Masse
der ausgestoßenen Materie im Verhältnis zur ganzen Kometenmasse immer
hin merklich sein kann. Die periodischen Kometen scheinen einen weiteren
Beweis für die materiellen Verluste bei der Schweifbildung zu liefern, inso
fern, als einige von ihnen nach und nach sehr lichtschwach geworden, an
dere gar völlig verschwunden sind.
Als Ursache der elektrischen Abstoßung oder der Repulsivkraft genügt
eine elektrostatische Ladung der Sonne, die nach Zöllners Berechnung durch
aus nicht besonders stark zu sein braucht. Wenn wir nun auch nach den
HALESchen Versuchen unzweideutige Äußerungen einer derartigen Ladung der
Sonne kennen, so kommt diese wegen ihrer Geringfügigkeit als Kraftquelle
für die Repulsivkraft kaum in Frage. Auch die selbständige Lichtaussendung
der Kometengase in Entfernungen, in denen die Sonnenstrahlung die zum
Glühen notwendige Temperatur nicht annähernd zu erzeugen vermag, ist noch
nicht geklärt. Wenn sie auch auf elektrische Vorgänge in Kometen hinzu
deuten scheint, so braucht doch deren Ursache nicht auf Beeinflussung durch die
Sonne zu beruhen, sondern kann leicht durch innere Vorgänge im Kometen
selbst, die mit den Ausströmungen Zusammenhängen, gegeben sein.
Arrhenius hat zuerst die Ansicht ausgesprochen, daß anstatt der elek
trischen Abstoßung, unter Beibehaltung der Bredichin sehen Theorie, sich eine
andere repulsive Kraft einführen läßt, die bei Annahme der elektromagneti
schen Lichttheorie vorhanden sein muß und als Licht- oder Strahlungsdruck
bezeichnet wird.
Nach den MAxwELLSchen Entwickelungen übt ein Lichtstrahl in seiner Fort
pflanzungsrichtung auf die Flächeneinheit einen Druck aus, der an jeder
Stelle ebenso groß ist, wie die in der Volumeneinheit enthaltene Strahlungs
energie. Dieser Druck ist im allgemeinen sehr klein; die Sonnenstrahlung
übt z. B. in der Erdentfernung auf ein Quadratmeter einer vollständig absor
bierenden, also schwarzen Fläche einen Druck von 0.4 mg aus, auf einen voll
kommenen Spiegel das Doppelte. Das ist zwar sehr wenig, macht aber bei
einigermaßen großen Körpern, wie z. B. der Erde, absolut genommen, doch
recht viel aus, nämlich mindestens 5 Millionen Kilogramm; das ist allerdings,
mit der Anziehung der Sonne verglichen, wieder verschwindend gering.
Die experimentelle Bestätigung des Strahlungsdruckes bietet wegen sei
ner geringen Stärke ganz außerordentliche Schwierigkeiten. Durch Lebedew
und besonders durch Nichols und Hüll ist trotzdem der Nachweis des theo
retisch geforderten Lichtdrucks mit solcher Genauigkeit erfolgt, daß ein Zweifel
an seiner Existenz nicht mehr möglich ist. Gleichzeitig ist auch untersucht
worden, in welcher Weise das Verhältnis von Strahlungsdruck und allgemeiner
Anziehung von der Größe der bestrahlten und angezogenen Teilchen abhängt.