Full text: Astrophysik

VI. Die Planeten, Monde und Kometen 
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Sonne zugekehrten Schweife einer Betrachtung unterzog. Derartige Schweife 
sind zwar bisher nur in geringer Anzahl beobachtet worden, und auch diese 
waren meistens sehr schwach; aber gerade der letzte Umstand macht es wahr 
scheinlich, daß sie häufig oder stets vorhanden sein werden. Nach Bredichin 
bestehen sie aus Teilchen, die mit den Gasausströmungen aus dem Kern in 
der Richtung auf die Sonne zu ausgestoßen werden, aber dann nicht um 
kehren, weil auf sie, eben wegen ihrer beträchtlichen Größe, die Repulsiv- 
kraft nicht merklich einwirkt. Die Bahn dieser Teilchen entsteht also durch 
Kombination der parabolischen Bewegung 
des Kerns, dem sie entstammen, mit dem 
auf die Sonne zu gerichteten Stoße, den 
sie erhalten haben. Ihre Stoßgeschwindig 
keit wird annähernd der Ausströmungs 
geschwindigkeit der Gase entsprechen, 
also im Mittel etwa 3 km in der Sekunde 
betragen. Da nicht alle Partikel dieselbe 
Anfangsgeschwindigkeit und auch nicht 
dieselbe Ausströmungsrichtung besitzen, 
so sind die einzelnen Bahnen der ver 
schiedenen Teilchen nicht identisch, son 
dern merklich verschieden, so daß im 
ganzen ein ziemlich breiter Ring um die 
Sonne entstehen wird, innerhalb dessen 
die einzelnen Bahnen liegen. Beim Über 
schreiten eines solchen Ringes tritt auf der 
Erde die Sternschnuppenerscheinung ein. 
Liegt die Auflösung des Kometen erst 
kurze Zeit zurück, so können besonders 
dichte Stellen der Meteorschwärme so 
glänzende Erscheinungen hervorrufen, wie diejenigen von 1799, 1833, 
1866 und 1872. 
Aus der Anzahl der Sternschnuppen, die beim Passieren eines Meteorstroms 
oder eines Kometenschweifs in einer gegebenen Zeit auftreten, läßt sich die 
Dichtigkeit ihrer Verteilung berechnen. Als Beispiel wollen wir den überaus 
seltenen Fall annehmen, daß an der sichtbaren Himmelsfläche in jeder Sekunde 
eine Sternschnuppe falle. Die durchschnittliche Höhe, in der die Sternschnup 
pen zum Leuchten kommen, betrage 100 km. Man übersieht dann in dieser 
Höhe eine Fläche des Himmels von über 1000 km Radius; es soll aber ange 
nommen werden, daß sich dieser Radius auf 800 km reduziere, wegen der Ver 
minderung der Sichtbarkeit der Sternschnuppen am Horizont. Der Inhalt der 
sichtbaren Fläche ist alsdann 2000000 qkm. Die durchschnittliche Geschwin 
digkeit der Erdbewegung beträgt 30 km in der Sekunde, diejenige der Stern 
schnuppen etwa 42 km, die relative Geschwindigkeit zwischen Erde und Stern 
schnuppen kann also variieren zwischen 12km, wenn Erde und Sternschnuppen 
sich in derselben Richtung bewegen, und 72 km, wenn sie gegeneinander laufen. 
Nehmen wir nun weiter behufs Vereinfachung der Rechnung an, daß die sicht 
bare Himmelsfläche sich senkrecht zur relativen Bewegungsrichtung befände, 
so durcheilt diese Fläche in jeder Sekunde einen Raum von 24000000cbkm 
S chei n e r-G raff, Astrophysik. 3. Aufl. 20
	        
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