Full text: Astrophysik

330 B. Die Ergebnisse der astrophysikalischen Forschung 
einer größeren Reihe von Sternen auf dem normalen und dem Filternegativ. 
Neuerdings hat nun Seares eine sehr einfache Methode angegeben, die es 
ermöglicht, auch von Einzelobjekten rasch den Farbenindex zu erhalten. Auf 
einer farbenempfindlichen Platte werden Sterne von bekanntem Index in geo 
metrisch fortschreitenden Expositionszeiten, also beispielsweise 2 S , 4 S , 8 S , 16 s 
usw. in einer Reihe ohne Filter aufgenommen und daneben von den gleichen 
Objekten einige entsprechend längere Aufnahmen mit Gelbfilter ausgeführt. 
Auf dem entwickelten Negativ ist dann eine Einschaltung der Filterbilder in 
die normale, rein aktinische Skala auf Grund von Schätzungen oder Mes 
sungen leicht auszuführen. Man erhält auf diese Weise Verhältniszahlen zwi 
schen Expositionszeiten, die den gleichen photographischen Effekt hervor- 
rufen und je nach dem Spektraltypus der Sterne sehr verschieden ausfallen. 
Sind die Beziehungen zwischen Farbenindex und Expositionszeit einmal 
an bekannten Sternen festgestellt, so können sie bei genau gleicher Platten- 
präparierung ohne weiteres auf Objekte von unbekanntem Farbenindex sinn 
gemäß angewendet werden. Der erzielte Effekt ließe sich durch Verwendung 
extremer Filterfarben, also etwa Rot und Violett, noch steigern. 
Wie man sieht, ist gegenwärtig die Bestimmung der Sternfarben stark 
in den Vordergrund des astrophysikalischen Interesses gerückt. Tatsächlich 
sind neben der Helligkeit die Farbenindizes der schwächsten Sterne vorläufig 
die einzige physikalische Charakteristik, die wir von ihnen erlangen können. 
Es liegt klar auf der Hand, daß es für unsere Ansichten vom Bau und der 
Entwicklung des Stern- und Milchstraßensystems nicht gleichgültig ist, ob die 
Farben- und damit auch die spektrale Verteilung seiner Einzelglieder in den 
äußersten Tiefen die gleiche ist wie in der Sonnenumgebung oder nicht. Da 
auch noch andere sehr wichtige Fragen, wie diejenige nach der Absorption 
und Dispersion des Lichtes im Weltraum, mit den Sternfarben innig Zusam 
menhängen, erscheint das Interesse, das man gegenwärtig in der Astrophysik 
dem Gegenstände entgegenbringt, durchaus verständlich. 
19. Beziehungen zwischen den Spektren, der Bewegung und 
der Entfernung der Sterne. 
Als um die Mitte des vorigen Jahrhunderts die Spektralanalyse begründet 
und allmählich auch auf die Himmelskörper angewendet wurde, erschien die 
Aussicht, nunmehr die physischen Eigentümlichkeiten der fernsten Fixsterne 
untersuchen zu können, so überwältigend, daß dieser eine Erfolg allein ge 
nügt hätte, um in der chemischen Lichtanalyse eine der glänzendsten wissen 
schaftlichen Entdeckungen der neueren Zeit zu erblicken. Heute, nach wenig 
mehr als 50 Jahren hat sich das ursprüngliche Ziel der spektralanalytischen 
Beobachtungen ein wenig verschoben, insofern, als die Untersuchung des 
prismatisch zerlegten Lichtes gegenwärtig in mindestens gleich umfang 
reichem Maße zum Studium von Bewegungsvorgängen und Entfernungs 
schätzungen ausgeführt wird wie zum Zwecke einer rein physischen Unter 
suchung der betr. Sternindividuen. 
Die Ableitung von Sternparallaxen aus Eigentümlichkeiten der Spektra 
ist eine Errungenschaft der letzten Jahre, während die Idee einer Deutung der 
Linienverschiebungen im Sinne von Bewegungsvorgängen fast so alt ist wie
	        
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