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B. Die Ergebnisse der astrophysikalischen Forschung
warte, insbesondere von Campbell, geleistet worden. Ein sehr vollständiges
Verzeichnis von Radialgeschwindigkeiten, das über 2000 Sterne und Nebel
enthält, ist 1920 von Voûte veröffentlicht worden.
Um die Größenordnung der Bewegungen zu veranschaulichen, sind in
der folgenden Tabelle für die hellsten Sterne des Himmels die Bewegungen
in der Blickrichtung zusammengestellt. Das + Zeichen bedeutet dabei, wie
bisher (S. 60), Zunahme, das — Zeichen Abnahme der Entfernung.
Stem
Gr.
Sp.
Rad.
Geschw.
Stern
Gr.
Sp.
Rad.
Geschw.
a Can. mai.
— 1.6 m
A o
— 7 km
cc Eridani
0.6 m
B 5
?
cc Argus
-0.9
Fo
+ 20 „
cc Orionis
i var.
Ma
+ 21 km
cc Centauri
0.1
Go
— 22 „
/3 Centauri
0.9
Bi
+ 12: „
cc Lyrae
0.1
Ao
-14 „
cc Aquilae
0.9
A5
— 33: „
a Aurigae
0.2
Go
+ 30 „
cc Crucis
1.0
Bi
+ 19: „
a Bootis
0.2
Ko
- 5 „
a Tauri
1 11
K 5
+ 54 „
(3 Orionis
0.3
B8p
+ 23 „
P Gemin.
1.2
Ko
+ 4 „
a Can. min.
0.5
F 5
- 4 „
cc Virginis
1.2
B 2
+ 2 „
Daß bei allen Beobachtungen von Radialgeschwindigkeiten stets die
Bahnbewegung der Erde in den Ergebnissen auftritt, und die Zahlen erst auf
die Sonne reduziert werden müssen, ist selbstverständlich. Nach dem Dopp-
LERschen Prinzip ist es gleichgültig, ob sich der Beobachter oder das beobach
tete Objekt bewegt, oder ob beide ihren Ort wechseln. Maßgebend ist ganz
allein die relative Geschwindigkeit, mit der sich die Distanz zwischen Beob
achter und Objekt ändert. Nun ist aber unsere Erde kein fester Standpunkt
im Raume; sie bewegt sich um die Sonne in der Ebene der Ekliptik mit einer
mittleren Geschwindigkeit von nahe 30 km. Befindet sich ein Stern in der
Ekliptik, so wird es eine Jahreszeit geben, in der unsere Erde sich mit
einer Geschwindigkeit von 30 km auf diesen Stern zu bewegt; genau ein
halbes Jahr später oder früher entfernt sie sich von ihm mit der gleichen
Geschwindigkeit. So müssen die Beobachtungen eines in der Ekliptik gele
genen Sternes Geschwindigkeitsänderungen von + 30 km zeigen, also Ab
weichungen, die in der Regel viel größer sind, als die mittleren Geschwin
digkeiten der Sterne selbst. Befindet sich der beobachtete Stern nicht in
der Ekliptik, so ist der Einfluß der Erdgeschwindigkeit kleiner; er nimmt
ab mit dem Cosinus des Abstandes von der Ekliptik, so daß bei einem Sterne,
der sich gerade im Pol der Ekliptik befindet, die Erdbewegung überhaupt
keinen Einfluß mehr ausübt. Da sich die Erde in einer Ellipse und nicht in
einem Kreise um die Sonne bewegt, so ist auch die Geschwindigkeit der Erd
bewegung variabel; jedenfalls aber muß an jede Beobachtung der Radialge
schwindigkeit eines Sternes eine aus den bekannten Elementen der Erdbahn
zu berechnende Korrektion angebracht werden, um die wechselnde Erdbewe
gung zu eliminieren und die Beobachtung auf die Sonne zu reduzieren. Als
Beispiel dafür, wie die an sich gar nicht stimmenden Beobachtungen des
selben Sternes zu verschiedenen Zeiten im besten Einklänge miteinander
stehen, sobald die Reduktion auf die Sonne angebracht wird, mögen die
auf S. 333 folgenden Beobachtungen von cc Ursae maioris nach Vogel und
Scheiner dienen.