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B. Die Ergebnisse der astrophysikalischen Forschung
Abb. 213. lntensitätskurven von Wasser-
Stofflinien in Sternspektren. 3) a Gemin.
5) >j Urs. mui., 7) y Cassiop.
kontinuierlichen Grunde einfach über
strahlt werden. Eine Bestätigung dieser
Vermutung könnte man in der Tatsache
erblicken, daß das erste Auftreten der
Metallabsorptionen mit dem Schärfer
werden der Wasserstofflinien eng ver
knüpft ist.
Der Umstand, daß in der Klasse A
die Wasserstofflinien sehr kräftig, breit
und verwaschen sind, läßt auf Grund
der Folgerungen aus dem Kirchhoff-
schen Satze verschiedene Deutungen
zu: große Dicke der Schicht, große
Dichtigkeit bei geringer Schichtendicke
oder sehr hohe Temperatur des Wasser
stoffes. Welche von diesen Ursachen
in jedem Einzelfalle überwiegt, entzieht
sich der Beurteilung, doch kann man
aus der Intensitätsverteilung des Lichtes
innerhalb der verbreiterten Linien eini
ge Schlüsse ziehen.
In Abb. 213 sind einige derartige
Intensitätskurven von Wasserstofflinien
verschiedener Sterne abgebildet, die heute mit dem KocH-Goosschen Mikro
photometer ganz automatisch aus den Photogrammen konstruiert werden kön
nen. In den Fällen 1, 2, 3 ist die Höhe der Wasserstoffatmosphäre noch nicht
so hoch, daß von ihr der eigentliche Kern des Sternes wesentlich überragt
wird. Es treten daher nur Absorptionslinien auf, deren Intensität je nach der
Stärke der Temperaturdifferenz zwischen der Photosphäre und der absor
bierenden Atmosphäre verschieden ist. Sobald jedoch die Wasserstoffatmo
sphäre den Stern in einem größeren Abstande einschließt (Abb. 217), geben
die über den Kern hervorragenden Teile der glühenden Atmosphäre ein
Wasserstoffspektrum mit hellen Linien, während die vor der Scheibe befind
lichen Teile dunkle Absorptionen erzeugen (Fall 4). Bei sehr hohen Atmo
sphären können die Aufhellungen schließlich bis zur vollkommenen Selbst
umkehr der Linien gehen. Wie man sieht, stellen die einzelnen Kurven 3, 2,
1, 6, 7, 8 der Abb. 213 kontinuierliche Übergänge von den kräftigsten Ab
sorptionslinien durch kaum sichtbare hindurch bis zu reinen Emissionen dar.
Die Erscheinung selbst ist bisher nur bei B- und seltener bei A-Sternen be
obachtet worden. In der Harvardgruppierung werden diese Sterne als Bp bzw.
Ap (peculiar) geführt. Als besonders auffällige Vertreter der Klasse mögen
y Cassiopeiae und cp Persei genannt sein.
Bei dieser Umkehr der Wasserstofflinien fällt es auf, daß die dunkle
Absorptionslinie stets breiter ist als die aufhellende Emissionslinie. Der Grund
hierfür ist nach der obigen Deutung ein selbstverständlicher. Das Licht der
Sternphotosphäre muß durch die sämtlichen Schichten der Atmosphäre hin
durch, die Breite der Absorptionslinie entspricht demnach dieser dichtesten
Schicht. Die Emissionslinie nimmt dagegen ihren Ursprung von dem die