VII. Die Fixsterne, Nebelflecke und Sternhaufen 355
eigentliche Photosphäre umgebenden Wasserstoffring, einer Art ausgedehnter
Chromosphäre, in der jedenfalls die Dichte wesentlich geringer ist.
Schwieriger läßt sich die Tatsache erklären, daß einzelne Wasserstofflinien
hell, andere dunkel sind. Nach einer von Campbell gefundenen Regel werden
die Emissionslinien mit abnehmender Wellenlänge immer schwächer; dann
setzen die Absorptionslinien mit wachsender Stärke ein. Bei dem hellsten
Bp-Stern, y Cassiopeiae, sind z. B. die ersten sechs Linien hell, die übrigen
dunkel; bei den anderen Vertretern der Gruppe setzen die Absorptionen be
reits bei HS oder Hy ein. Auch sind die Umkehrungen von Merrill u. a.
z. T. in doppelter Form, ähnlich wie bei den Kalziumlinien der Sonne
(Abb. 139) und unsymmetrisch beobachtet worden.
Scheiner hat die CAMPBELLSche Feststellung durch Temperaturunterschiede
zu erklären versucht, derart, daß bei fortschreitender Abkühlung der Atmo
sphäre und Abnahme ihrer Höhe zuerst die hellen Wasserstofflinien des Ultra
violett und dann allmählich die anderen langwelligen Linien der Serie ver
schwinden, bis mit dem Erlöschen von Hcc das normale B- bzw. A-Spektrum
erreicht ist. Irgendwelche Anzeichen, daß die Sterne mit hellen Wasserstoff
linien eine höhere Temperatur haben als die anderen der gleichen Spektral
klasse, liegen indessen nicht vor, die Erklärung ist daher zweifellos nicht
stichhaltig. Nach den neueren Forschungen über die Atomstruktur liegt es
näher, den Grund in irgendwelchen Vorgängen im Kern und in den ihn
umkreisenden Elektronen zu vermuten. Nach einer Hypothese von Bohr
wird jede Emissionslinie durch Überspringen eines Elektrons von einer
Bahn größerer Energie in die Ausgangsbahn der betr. Serie hervorgerufen.
Dadurch sind Teilemissionen physikalisch erklärbar und es liegt daher kein
zwingender Grund vor, die am Himmel beobachtete Erscheinung anders zu
deuten.
Über die Klasse F der Harvardreihe ist im einzelnen wenig zu sagen.
Sie ist eine typische Übergangsform von den Sirius- zu den Sonnensternen
und enthält keine oder nur sehr wenige abnorme Vertreter. Besondere Auf
merksamkeit verdient sie dadurch, daß die im Vordergründe des astronomi
schen Interesses stehenden veränderlichen Sterne vom Cepheitypus größten
teils dieser Klasse und ihren Übergängen zur nächstfolgenden angehören.
Irgendeine besondere Stellung unter den ersten Spektraltypen nehmen
auch die Sterne ein, die in der alten Maury sehen Klassifikation den c-Cha-
rakter erhalten haben. Wir wissen bereits (S. 323), daß es sich dabei um
Spektra handelt, die ungewöhnlich scharfe Struktur der Wasserstoff- und
wenn solche vorhanden, auch der Heliumlinien zeigen. Da sie sich, ab
weichend von den meisten anderen normalen A- bis G-Sternen, nach dem
galaktischen Gürtel zu zusammendrängen, sehr geringe Parallaxen und kaum
merkliche Eigenbewegungen zeigen, handelt es sich zweifellos um absolut
sehr helle Sterne hoher Temperatur und geringer Dichte. Alle näher unter
suchten Veränderlichten vom S Cepheitypus besitzen z. B. in ihren Spektren
mehr oder weniger die c-Charakteristik der Linien.
Die Spektra der G-Klasse sind durch das Sonnenspektrum genügend ge
kennzeichnet. Die meisten G-Sterne stimmen Linie für Linie mit der Sonne
überein, auch was das Aussehen, die Breite, Schärfe und relative Intensität
der Absorptionen anbetrifft. Daß die Abweichungen der Linienstärke, die man
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