Full text: Astrophysik

Abb. 217. Schema 
tisches Bild eines 
Wolf-Rayetsternes. 
dauernd die äußeren Schichten eine höhere Temperatur ha 
ben als die inneren. Auch ist anzunehmen, daß in den 
Atmosphären die verschiedenen Gase so verteilt sind, daß 
die schwereren Gase tiefer liegen als die anderen. Hier, 
bei den O-Sternen, zeigen sich nun gerade die leichteren 
Gase, Wasserstoff und Helium, am häufigsten hell, also 
gerade die äußeren Teile der Atmosphäre müßten am 
heißesten sein, was sehr unwahrscheinlich ist. Erklärt 
man aber das Auftreten der hellen Linien wie früher 
(S. 354) durch optische Überlagerung, so erscheint es als 
daß die am weitesten ausgedehnten Gase helle Linien 
Abb. 218. H ¡¿-Linie im Wolf-Rayet- 
nebel + 30° 3639. 
selbstverständlich, 
geben. 
Hierzu braucht nur wie dort angenommen zu werden, daß die Höhe der 
Atmosphäre dieser Sterne von derselben Größenordnung ist wie der Durch 
messer des von der Photosphäre begrenzten Kerns. Von dem wegen der 
großen Entfernung völlig punktförmigen Bild des Sternes erhält man demnach 
beide Spektra, das kontinuierliche und die Emissionen, optisch übereinander 
gelagert. Auf die Sonnenerscheinungen zurückgreifend, haben wir es hier also 
mit der typischen Erscheinung eines Flash- 
1 Spektrums zu tun (S. 205 f.), das wegen der 
Höhe der leuchtenden Atmosphäre dauernd 
sichtbar ist, während es bei der Sonne we 
gen der geringen Erhebung der sog. um 
kehrenden Schicht über die Photosphäre 
nur bei Sonnenfinsternissen oder ausnahmsweise einmal bei besonders klarer 
Luft auf hohen Bergen zu beobachten ist. 
In einem besonderen Falle, nämlich bei dem Stern 10 m BD -f- 30° 3639 
scheint ein direkter Beweis für die Richtigkeit dieser Anschauung vorzuliegen. 
In dem Spektrum dieses Sternes sind die Linien Hß und Hy am schärfsten. 
Wird möglichst genau auf die anderen hellen Linien an den verschiedenen 
Stellen des Spektrums fokussiert, so erscheint das kontinuierliche Spektrum 
an diesen Stellen linienförmig, und die hellen Emissionslinien zeigen sich 
als feine helle Knoten, oder bei engem Spalt als Linien, die das kontinuier 
liche Spektrum nicht überragen, wie dies auch bei einem punktförmigen Ob 
jekt der Fall sein muß. Bei der Hß -Linie aber erkennt man deutlich bei 
weitem Spalt einen überstehenden breiten Knoten, bei engem eine über 
stehende Linie (Abb. 218), woraus sich also ergibt, daß der Stern mit einer 
Wasserstoffhülle von außerordentlicher Ausdehnung umgeben ist; ihr Durch 
messer beträgt 5". Wahrscheinlich handelt es sich aber bei diesem schon 
durch seine stark rötliche Färbung und sein im Fernrohr etwas verwaschenes 
Aussehen bemerkenswerten Stern um einen schwachen echten Nebel mit 
einem WoLF-RAYETkern. 
Die effektive Temperatur der Fixsterne. Betrachtet man die charakte 
ristischen Eigenschaften der einzelnen Spektralklassen etwas genauer, so fin 
det man, daß nur ein sehr geringer Teil der Unterschiede auf eine wesent 
liche physische Sonderstellung der Klassen hinweist. Eine solche könnte 
höchstens bei der zuletzt besprochenen O-Klasse angenommen werden. Die 
sonst fast überall vorhandenen zahllosen Übergänge ließen daher schon
	        
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