VII. Die Fixsterne, Nebelflecke und Sternhaufen 365
auf die in mancher Hinsicht abweichenden RussELLschen Ausführungen ein-
gehen, da von ihnen die neueren Evolutionstheorien der Fixsterne ausge
gangen sind.
Von der Energiequelle, die zur Aufrechterhaltung der Strahlung eines
Sternes notwendig ist, muß nach Russell vorausgesetzt werden, daß sie
1. im Innern der Sterne große Wärmemengen erzeugen kann, 2. den beob
achteten stabilen Zustand der Gestirne in keinem Falle stört, also im allge
meinen zu keiner Katastrophe führt, 3. daß die Wärmeerzeugung derartig
vor sich geht, daß sie der Ausstrahlung in den Raum fast parallel verläuft.
Die Einwirkung der unbekannten Energiequelle prüft Russell an einer
idealen, im mechanischen Gleichgewichtszustände befindlichen Gaskugel, die
eine Reihe von Konfigurationen durchläuft. In dem Falle, daß die Dichte
und Temperatur homologer Punkte einer solchen Gaskugel sich proportional
der Dichte und der Temperatur des Kernes ändert, wächst nach einem Gesetz
von Ritter und Lane die Temperatur im Verhältnis der linearen Kontrak
tion, d. h. proportional zur Abnahme des Halbmessers. Trotz des Energie
verlustes durch Ausstrahlung wird auf diese Weise eine bestimmte Tempe
raturerhöhungbedingt. Würde man dem Innern eines solchen Sternes Wärme
zuführen, so würde er sich ausdehnen und seine Temperatur würde wieder
fallen. Ohne diese Annahme einer negativen spezifischen Wärme ist eine
Deckung des Energieverlustes durch Kontraktion nicht denkbar.
Die Entwicklung eines Sternes kann man sich nach dieser Theorie etwa
folgendermaßen vorstellen.
Das mathematisch und physikalisch erfaßbare Anfangsstadium besteht in
einer großen Gaskugel von sehr geringer Dichte im inneren mechanischen
Gleichgewichtszustände. Der Strahlungsverlust wird durch die Kontraktion
völlig ausgeglichen, es vergeht also eine sehr lange Zeit ganz gleichmäßiger
Temperatur. Der zweite Zustand ist durch eine Beschleunigung der Kon
traktion und gleichzeitiges rasches Ansteigender Temperatur gekennzeichnet.
In irgendeinem Moment der Entwicklung, vielleicht beim Erreichen einer be
stimmten kritischen Temperatur des Sternes, tritt der unbekannte Wärme
prozeß in Wirksamkeit, der die Kontraktion wieder stark verlangsamt. Wird
mehr Wärme erzeugt, als ausgestrahlt werden kann, so dehnt sich das Gas
unter entspechender Abkühlung aus, die unbekannte Energiequelle wird
außer Betrieb gesetzt usf. Unter diesen Umständen kann es Vorkommen,
daß der Stern unter Anzeichen spektraler und thermischer Veränderungen
rasche Pulsationen, also einen physischen, periodischen Lichtwechsel zeigt
(<3 Cepheisterne).
Auch nach der RussELLschen Theorie muß das Endstadium eines jeden
Sternes völlige Abkühlung und Übergang in einen nicht leuchtenden dunklen
Weltkörper sein, doch ist diese Evolution zeitlich nicht an so enge Grenzen
gebunden wie bei der Helmholtz sehen Auffassung.
Von dieser Theorie ausgehend, hat Russell 1914 eine völlig neue Ent
wicklungshypothese für die Fixsterne aufgestellt, die trotz mancher noch vor
handener Lücken besser als jede andere Annahme den beobachteten Tat
sachen Rechnung trägt und unter den Astronomen viel Anklang gefunden hat.
Nach der RussELLschen Hypothese beginnt der Urzustand eines Sternes
mit den Giganten der M-Klasse, also Sternen geringer Dichte und relativ