Full text: Astrophysik

366 B. Die Ergebnisse der astrophysikalischen Forschung 
geringer Temperatur. Die Entwicklung 
schreitet von hier aus fort unter Zu 
nahme von Dichte und Temperatur 
über die Riesensterne der Klassen K, 
G, F, bis bei F, A und in seltenen Fäl 
len bei B die Verlangsamung des Kon 
traktionsprozesses und damit eine Um 
kehr stattfindet. Die Temperatur be 
ginnt zu sinken, die Abkühlungsskala 
setzt ein, bis allmählich der Zustand 
F, G, K, M der Zwergsterne durchlaufen 
ist. Nach dieser Anschauung fällt die 
physische Trennung der Sterne in Gi 
ganten und Zwerge fort; jeder Stern 
ist einmal ein roter M-Gigant gewesen 
und wird sein kosmisches Dasein als 
leuchtender Stern im Stadium eines 
M-Zwergs beschließen. In der Mitte 
etwa liegt der höchste Entwicklungszu 
stand, wobei es, wie gesagt, durchaus 
nicht notwendig erscheint, daß alle 
Sterne dabei die Temperatur der B- 
Sterne erreichen. Bei geringerer Masse, 
wie sie etwa unsere Sonne aufweist, wird 
die Umkehr schon im A- bzw. F-Stadium 
oder noch früher eintreten (Abb. 219). 
Bereits um 1897, als noch niemand an eine Trennung der gelben und 
roten Sterne in Giganten und Zwerge dachte, hat N. Lockyer die Anschauung 
vertreten, daß kein zwingender Grund vorhanden sei, das Maximum der 
Sterntemperaturen an den Anfang der Spektralreihe zu versetzen, und 
daß es jedenfalls richtiger wäre, die höchste Stufe der Evolution etwa in die 
Mitte der Entwicklungsgeschichte zu verlegen. Wenn auch Lockyer bereits 
rote Sterne von steigender und solche von sinkender Temperatur an 
nahm, so ist doch eine Begründung der damals schroff abgelehnten An 
schauungen erst den neueren Arbeiten von Hertzsprung, Russell u. a. 
zuzuschreiben. 
Es unterliegt keinem Zweifel, daß die LocKYER-RussELLSche Evolutions 
idee mit mancher kosmogonischen Anschauung aufräumt, die besonders 
den älteren Astrophysikern geläufig geworden war. Wenn sie unter den 
jüngeren Forschern eine entschieden zustimmende Aufnahme gefunden hat, 
so liegt es weniger daran, daß man sie in allen Einzelheiten für zutreffend 
hält — Russell selbst hat sie recht vorsichtig begründet — sondern weil sie 
tatsächlich in das ungeheure Material, das sich auf dem Gebiete der Spektra 
und der absoluten Helligkeiten der Sterne anzusammeln beginnt, eine Ord 
nung und einen Ideenzusammenhang bringt. 
Wissenschaftlich ist die Hypothese völlig einwandfrei. Es ist nach allem, 
was wir heute über die Sonne und die Sterne wissen, kaum noch daran 
zu zweifeln, daß die Fixsterne im wesentlichen Gaskugeln sind. Bei diesen 
- 466 . JB A F G K M 
Russellsdien Evolutionsreihe.
	        
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