380
B. Die Ergebnisse der astrophysikalischen Forschung
nommen worden. Wenn auch die theoretischen Voraussetzungen, die man
anfangs an das Problem geknüpft hat, sich nicht bestätigt haben und auch
die praktischen Versuche im wesentlichen negativ ausgefallen sind, so ist
doch die Klarstellung der Verhältnisse von hohem wissenschaftlichen Wert
gewesen.
Die erste Anregung zu experimentellen Versuchen in der angegebenen
Richtung ging von Jewell aus, der bei Gelegenheit der Messungen für
Rowlands Standardtafeln der Wellenlängen fand, daß die vom Bogenlicht
erzeugten Metallinien stets gegenüber den entsprechenden Sonnenlinien ver
schoben waren. Nachdem die erste Vermutung, daß dies durch Veränderun
gen im Apparat verursacht sei, sich nicht bestätigt hatte, vielmehr auch bei
gleichzeitigen Aufnahmen auf derselben Platte die Differenz unverändert fort-
bestand, mußte die Erscheinung als reell betrachtet werden. Eine Erklärung
nach dem DoppLERSchen Prinzip erschien unter der Voraussetzung möglich,
daß auf der Sonne die absorbierenden kühleren Gase mit einer durchschnitt
lichen Geschwindigkeit von 30 bis 60 km pro Minute zur Photosphäre
herabfielen. Diesem ständig absteigenden Strom müßte aber doch ein auf
steigender entsprechen, und es müßten die sämtlichen feinen Sonnenlinien
doppelt erscheinen. Von einer derartigen Duplizität ist aber keine Spur zu
bemerken. Jewell kam daher schon selbst zur Überzeugung, daß die Ursache
dieser allerdings sehr geringen Verschiebung in Druck- oder Temperaturdiffe
renzen zwischen elektrischem Bogen und Sonne zu suchen sei. .
Diese Ergebnisse waren die Veranlassung einer umfangreichen Unter
suchung von Humphreys und Möhler über die Wirkung des Druckes auf
die Wellenlängen der Spektrallinien. Die Versuche wurden in der Weise
angestellt, daß mit einem Gitterspektroskop größter Dimension teils direkt,
teils photographisch die Wellenlängen von Metallinien, die von einem kräf
tigen elektrischen Bogen stammten, durch Vergleichung mit den Sonnenlinien
gemessen wurden. Der Bogen selbst war in einem luftdichten eisernen Zy
linder mit kleinen Fensteröffnungen eingeschlossen, und der Druck im Innern
konnte vermittels einer Luftpumpe bis zu 15 Atmosphären erhöht werden.
Zur Kontrolle des Apparates dienten Aufnahmen des Sonnenspektrums vor
und nach der Aufnahme des Bogenspektrums, ebenso auch die Linien des
Kohlenwasserstoffes, die keine merkliche Änderung der Wellenlängen durch
Druck aufweisen. Es lag die Befürchtung nahe, daß die mit diesem Appa
rate gewonnenen Resultate nicht nur den Einfluß des Druckes allein geben,
sondern auch den der Temperatur, da man zunächst vermuten sollte, daß bei
zunehmendem Druck auch die Temperatur des Bogens steigt; nach den Un
tersuchungen von Wilson ist dies aber keineswegs der Fall. Man ist also
wohl berechtigt, die gefundenen Resultate als wesentlich nur vom Druck ab
hängig zu betrachten.
Die zahlreichen und mit großer Sorgfalt angestellten Beobachtungen haben
nun ergeben, daß die Linien aller untersuchten Metalle sich tatsächlich mit
zunehmendem Druck nach Rot hin verschieben, aber keineswegs für alle Ele
mente in gleichem Maße, ja nicht einmal bei den verschiedenen Linien des
selben Metalls. Der Druckeffekt ist also abhängig von der Natur der Gase
und verläuft nicht gesetzmäßig mit der Wellenlänge. In einigen Fällen ist
die Verschiebung mit merklicher Verbreiterung verbunden, in anderen wie