Full text: Astrophysik

VII. Die Fixsterne, Nebelflecke und Sternhaufen 385 
bei den helleren erhält man dagegen ganz unmögliche Werte, weil die schwan 
kenden, zerblasenen Sternbildchen künstlich gar nicht nachzubilden sind. An 
derseits setzt das Auge insofern den Messungen eine Grenze, als es — 
im Gegensatz zu Flächenhelligkeiten — beim Fixieren der punktförmigen 
künstlichen wie wahren Sterne sehr leicht und rasch ermüdet. Es kann den 
Anfänger nichts mehr von photometrischen Messungen abschrecken, als wenn 
er nach mühsamer Erzielung der Helligkeitsgleichheit das Auge auf einen 
Augenblick vom Fernrohr wegwendet und nach einigen Sekunden auf den 
ersten Blick im Gesichtsfelde einen starken Intensitätsunterschied zwischen 
dem wahren und dem künstlichen Stern bemerkt. Die Erfahrungen zeigen, 
daß die Messungen am Photometer um so besser werden, je rascher sie er 
folgen. Keile von weniger als 0.1 m Absorption bei einer Verschiebung von 
1 mm sind aus diesem Grunde in Photometern nur dann verwendbar, wenn 
sie mit recht grober Zahn- und Triebübertragung versehen werden. Der 
Auslöschungskeil in der Form der Abb. 86 und 87 c sollte endlich völlig 
aus der astrophysikalischen Praxis verschwinden. 
Die Frage, ob die ARGELANDERSche Schätzungsmethode gegenwärtig noch 
Daseinsberechtigung hat, läßt sich nach den soeben erwähnten Schwierigkei 
ten, die auch bei Messungen auftreten, nur mit einer entschiedenen Bejahung 
beantworten. Wenn eine genügende Zahl von Vergleichsobjekten gut ge 
messen ist, hat bei den langperiodischen Sternen die sorgfältige Schätzung 
auch heute noch ihre Vorteile. Die genauere Untersuchung der kurzperio 
dischen Veränderlichen vom $ Cephei- und Algoltypus, wo sehr geringe Ab 
weichungen der Kurven vom normalen Verlauf bereits zu wichtigen, ev. un 
berechtigten theoretischen Schlüssen führen können, wird man allerdings am 
besten der photographischen, photovisuellen und visuellen Photometrie 
überlassen. 
Die Zahl der sicher bekannten Veränderlichen betrug 1921 etwa 2000. 
In dieser Ziffer sind alle nicht bestätigten Sterne und die Veränderlichen in 
Sternhaufen noch nicht enthalten. Man könnte danach fast fürchten, daß durch 
den Überfluß von Entdeckungen das Gebiet, von den Benennungsschwierig 
keiten ganz abgesehen, schließlich unübersehbar werden könnte. Indessen 
scheinen die zerstreuten Veränderlichen mit abnehmender Größe durchaus 
nicht proportional der Sternenzahl zu wachsen. Sehr lehrreich sind in dieser 
Beziehung die systematischen Aufnahmen einiger zirkumpolarer Milchstraßen 
gegenden von D’Esterre, die etwa bis 15 oder 16 m heruntergehen und 
dabei auch nicht entfernt die erwartete Ausbeute an Veränderlichen gelie 
fert haben. 
Bevor wir uns etwas näher mit Einzelheiten des Lichtwechsels der 
Sterne beschäftigen, sind einige Worte über die Benennung der Veränder 
lichen notwendig. Die helleren Veränderlichen, die bereits vor der Entdek- 
kung eine Katalogbezeichnung besaßen, behalten diese auch nachher, z. B. 
ß Persei oder Algol, a Orionis oder Beteigeuze, o Ceti usw. Die anderen wer 
den nach Argelanders Vorgang in einheitlicher Weise bezeichnet, und zwar 
für jedes Sternbild getrennt durch die großen lateinischen Buchstaben R, S, 
T usw. So ist z. B. der zuerst entdeckte Veränderliche im Sternbild des Dra 
chen als R Draconis bezeichnet, der zweite als S Draconis usw. Da in den 
meisten Sternbildern auf diese Weise das Alphabet nicht ausreicht, so wer- 
Scheiner-Graff, Astrophysik. 3. Aufl. 25
	        
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