VII. Die Fixsterne, Nebelflecke und Sternhaufen
393
Während die mittlere Lichtkurve der meisten Cepheiden jahrzehntelang
unverändert ihren Verlauf beibehält, waren sonst sorgfältigen Beobachtern
bei den Schätzungen wiederholt Unstimmigkeiten aufgefallen. Die Frage nach
sekundären Wellen innerhalb der mittleren Lichtkurven ist dann, trotz ihres
deutlichen Auftretens bei rj Aquilae, ebenso oft behauptet wie bestritten wor
den. Nach den Untersuchungen von Plummer, Martin u. a. unterliegt es kei
nem Zweifel, daß wenigstens die Kurven des Sternhaufentypus, die ja wegen
der nur nach Stunden zählenden Periode oft an ein und demselben Abend
von einem Maximum zum nächstfolgenden durchbeobachtet werden können,
von Fall zu Fall sehr wesentliche Veränderungen erleiden, nicht nur in be
zug auf die maximale und minimale Helligkeit, sondern auch durch eine Folge
kurzer sekundärer Wellen. Diese sekundären Schwankungen sind anscheinend
an kein bestimmtes, mit der Hauptkurve zwangsläufig verbundenes Gesetz ge
bunden. Bei genügender Anzahl von Beobachtungen heben sie sich immer wie
der auf, so daß der lange Zeit gehegte Zweifel an ihrer Realität durchaus be
gründet war. In einzelnen, allerdings nicht häufigen Fällen, wie S WDraconis,
können die Sekundärwellen so bedeutend werden, daß sie einzelne Maxima
völlig umgestalten oder gar zum Verschwinden bringen. Selbst der hellste Ver
treter der Gruppe, d Cephei, ist vielleicht von diesen Wellen nicht frei (Abb. 230).
Die langperiodischen Cepheiden drängen sich deutlich in der Milchstraße
zusammen, während die kurzperiodischen (Sternhaufentypus) unregelmäßig
über den ganzen Himmel verteilt sind. Die Perioden der Milchstraßengruppe
zeigen ein Maximum bei etwa 5.5 Tagen, während diejenigen der am Him
mel zerstreuten, bisher bekannten isolierten Vertreter des Haufentypus aus
schließlich zwischen 7.4 h und 15.9 h mit einem ausgeprägten Maximum im
Mittelwert, also zwischen ll h und 12 h liegen. Man hat geglaubt, daß die
drei in dieser Beziehung gänzlich abweichenden Fälle, nämlich XX Cygni, so
wie ein sehr schwacher Veränderlicher in den Jagdhunden mit 3.2, und
RZ Tauri mit 4.1 Stunden Periode nur Teilwellen einer doppelt oder drei
mal so großen Haupterscheinung darstellen, doch kann nach neueren Be
obachtungen eine solche Annahme als ausgeschlossen gelten.
Die Spektra der beiden Unterabteilungen sind nicht sehr verschieden.
Bei den isolierten Cepheiden herrscht die Klasse F—G vor, bei den Haufen
veränderlichen A—F mit dem c-Charakter der Absorptionslinien (S. 355).
Ein sehr eigenartiges Merkmal der Cepheiden ist die Veränderlichkeit
ihres Spektrums. Nach Shapleys und Pickerings Untersuchungen rückt die
ses bei allen Sternen der Gruppe III vom Maximum zum Minimum in der
Normalreihe erheblich vor, im Mittel etwa von F5 bis Gs. Aber auch größere
Intervalle kommen vor, bei d Cephei von Fo bis G2, bei rj Aquilae von As
bis G5, bei RR Lyrae von B9 bis F2. Daß diese Änderungen allen Spektral
klassen eigen sind, zeigt z. B. TT Aquilae, der von Gs auf K2 heruntergeht,
oder RU Camelopardalis, der im größten Licht der Klasse Ko, im kleinsten
gar der seltenen Klasse R (S. 358) anzugliedern ist. Infolge der Beziehungen
zwischen den Spektren und dem Farbenindex der Sterne bewirkt die Farben
vertiefung im Minimum, daß die photographische Amplitude dieser Sterne
merklich größer, und zwar im Mittel etwa 1.5 mal so groß ist, wie die vi
suelle. Die Cepheiden sind daher für photographische Untersuchungen be
sonders geeignete Objekte.