VII. Die Fixsterne, Nebelflecke und Sternhaufen
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Trotz aller Bedenken gegen einen einfachen Rotations- bzw. Revolutions
vorgang wird man freilich auch der Pulsationstheorie, die aus den neuen
Anschauungen über die Erhaltung der Strahlungsenergie der Sterne hervor
gegangen ist, kaum einen dauernden Bestand in der Astrophysik Vorher
sagen können. Es ist nicht ausgeschlossen, daß eines Tages irgendein be
sonderer konkreter Fall am Sternhimmel die Deutung des Cepheidenpro-
blems in weit einfacherer Form zuläßt, als wir es heute ahnen. Damit ist
der ganze auf die Entwicklung der Pulsationstheorie verwendete mathe
matische Scharfsinn natürlich nicht vergeblich gewesen. Die abgeleiteten
Gesetzmäßigkeiten können sich bei anderer Gelegenheit sehr wohl für die
Himmelskunde als überaus nützlich erweisen.
Die Bedeckungsveränderlichen. Die Sterne der Gruppe IV (Algol- und
ß Lyrae-Typus) haben sich im Laufe der Zeit als eine überaus interessante
Klasse von Veränderlichen erwiesen, insofern, als hier die Erklärung der Vor
gänge durch eine Umlaufsbewegung in ganz einwandfreier Form geglückt ist.
Während bei vielen Cepheiden jede Vervollkommnung der Beobachtungs
bedingungen immer neue Komplikationen der Lichtkurve aufdeckt, kann man
von den Sternen der Algolklasse das Umgekehrte behaupten. Die photo
metrischen Messungen lassen keinen Zweifel darüber, daß hier, von Sonder
fällen abgesehen, mit der Güte der Beobachtungen auch ihre Übereinstim
mung mit der glatten theoretischen Kurve immer besser und vollkom
mener wird.
Bereits der erste aufmerksame Beobachter der mehr als 100 Jahre vorher
(1667 oder 1669) entdeckten Veränderlichkeit des Algol, Goodricke, wies um
1782 darauf hin, daß der Lichtwechsel dieses Sternes durch eine Verfinste
rungserscheinung hervorgerufen werden könnte, deren Wahrscheinlichkeit
dann bis etwa 1890 ebenso oft behauptet wie bestritten worden ist.
Die endgültige Entscheidung brachte dann im Jahre 1889 der spektro
skopische Nachweis der Doppelsternnatur und der Bahnbewegung durch
Vogel und Scheiner, worüber auf S. 337 bereits das Wichtigste gesagt ist.
Wegen des Interesses, das insbesondere die Algolsterne bieten, mögen
hier für die helleren unter ihnen die Amplitude der Schwankungen, das
Spektrum, die genäherte Periode P und die Dauer T der Lichtänderung folgen
(S. 398).
Einige der Gruppe oft zugewiesene hellere Sterne sind in die Liste nicht
aufgenommen worden. So schwankt der vierte Trapezstern im Orionnebel
zeitweise zwischen 8 m und 9 m in einer algolähnlichen aber anscheinend nicht
ungestörten Kurve. Wahrscheinlich zu den Algolsternen zu rechnen ist nach
Ludendorff der Veränderliche e Aurigae (F 8) mit der Amplitude 3.3 m bis
4.0 m und der längsten bisher bekannten Periode von 27 Jahren. Das letzte
Minimum fand 1902 statt, das nächste ist 1929 zu erwarten. Von den
schwächeren und daher hier nicht aufgenommenen Algolsternen hat erst RZ
Ophiuchi (Gs) mit 262 Tagen die nächstlängste Periode. Anscheinend ge
sichert ist der Algolcharakter auch bei dem Veränderlichen W Ursae mai.
(G8). Die Lichtkurve hat hier bei sehr regelmäßiger Periode die Form einer
Zykloide (Abb. 232). Ob diese als strenge Bedeckungskurve aufzufassen ist,
steht noch nicht ganz fest, ist aber nach der gemessenen Radialgeschwindig
keit sehr wahrscheinlich. Wird die Rechnung von diesem Gesichtspunkte aus