444
B. Die Ergebnisse der astrophysikalischen Forschung
der gleichen Größenordnung umgeben ist, ferner, daß sich diese Wolken in
Form eines Ringes oder von Spiralen um unser engeres Sternsystem zu
sammenschließen.
J. Herschel und nach ihm Gould u. a. haben der so wichtigen Analyse
des Milchstraßenphänomens bereits ihre größte Aufmerksamkeit geschenkt.
Das ganze anscheinend klare Problem verliert jedoch sehr wesentlich an
seiner Übersichtlichkeit dadurch, daß nicht nur unser Standpunkt nahe dem
Zentrum und der Hauptebene des Systems liegt, sondern daß auch das ört
liche Sternsystem, also der die Sonne umgebende lokale Sternhaufen nicht
etwa eine kugelförmige Anordnung der Einzelkörper besitzt, sondern deut
lich abgeplattet ist und seine größte Dichte und Ausdehnung sehr nahe in
der galaktischen Ebene zeigt. Fast alles, was die Stellarastronomie in mühe
vollster Arbeit bis in die letzten Jahre hinein geleistet hat, also die Bestim
mung von Eigenbewegungen, Parallaxen, Radialgeschwindigkeiten, die Er
kenntnis der Sterndriften, die Untersuchung und die Klassifikation der Spektra
und der absoluten Helligkeiten, bezieht sich ausschließlich auf diesen loka
len, die Sonne umgebenden Sternhaufen mit seiner rein internen sekundären
galaktischen Verdichtung. Die astrophysikalisch interessanten Eigenschaften
dieser solaren Sterngruppe haben wir in den vorangegangenen Kapiteln
kennen gelernt, hier interessiert uns nur noch ihre Beziehung zu der zwei
fellos außerhalb dieses Sternhaufens liegenden, durch weite leere oder we
nigstens sehr sternarme Gebiete von ihm getrennten Welt der primären
Milchstraße am Himmel.
Nach den mühevollen statistischen Arbeiten von Seeliger, Kapteyn u. a.,
die hauptsächlich auf den vorhandenen Durchmusterungen und photometri
schen Katalogen fußen, hat man dem sonnennahen Sternhaufen eine stark
abgeplattete, einer Linse oder einem Rotationsellipsoid ähnliche Form zuzu
schreiben. Es kann ferner als feststehend angesehen werden, daß der Raum
in der Sonnenumgebung nicht bis zu den Grenzen des örtlichen Sternhaufens
gleichmäßig mit Sternen erfüllt ist, sondern daß deren Zahl nach außen
hin schließlich abnimmt. Die Tatsache ergibt sich bereits aus der Zusammen
stellung der van Rhijn sehen Verteilungsziffern (S. 317) und den Kurven der
Abb. 196. Zweifellos sind nach dem Pole dieses Sternhaufens hin bereits
in einem Abstande von etwa 5000 Lichtjahren die Sterne so dünn gesät,
daß wir dort von einer Grenze unseres Sternsystems sprechen können. Wäh
rend aber Seeliger auch in der Richtung der Milchstraße das Vorhandensein
einer ziemlich scharfen Begrenzung im Abstande von ungefähr 12000 Jahren
vertritt, glaubt Kapteyn zu der Annahme berechtigt zu sein, daß die betr.
Entfernung merklich weiter, auf etwa 40000 Lichtjahre zu verschieben sei,
und daß auch dann vermutlich kein scharfer Abschluß des Sternhaufens, son
dern lediglich eine etwa auf 0.5 °/ 0 herabgedrückte Dichte gegenüber seinen
zentralen Gebieten zu erwarten sei. Wir können uns die Sachlage etwa so
vorstellen, daß in der Hauptebene des linsenförmigen Raumes oder Rota-
tionsellipsoides, in dessen mittlerem Bereich unser örtlicher Sternhaufen mit
der Sonne liegt, die Sterne schließlich immer spärlicher auftreten und dann
allmählich einen Übergang zu den dahinterliegenden eigentlichen Milch
straßenwolken vermitteln (Abb. 254).
Aus den von Seeliger und Kapteyn abgeleiteten Dimensionen des in