Full text: Astrophysik

II. Die Spektralanalyse 
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daß alle möglichen Schwingungsarten und damit Lichtstrahlen von allen 
möglichen Wellenlängen entstehen: das weiße Licht. Im Spektroskop wird 
dasselbe in das kontinuierliche Spektrum zerlegt, daher ist das Spektrum 
glühender fester Körper ein kontinuierliches. Da alle festen Körper sich so 
verhalten, so geben sie auch sämtlich kontinuierliche Spektra, die sich 
höchstens durch die Helligkeitsverteilung voneinander unterscheiden, gleich 
gültig, ob der glühende Körper von Stein oder Metall, ob von Eisen oder 
Gold ist. Auch im flüssigen Aggregatzustande ist der wechselseitige Einfluß 
der Moleküle noch zu groß, als daß sie frei schwingen könnten, auch die 
flüssigen Körper geben demnach ein kontinuierliches Spektrum. Als ersten 
Satz der Spektralanalyse können wir daher den folgenden aufstellen: 
1. Gibt ein leuchtender Körper im Spektroskop ein kontinuierliches 
Spektrum, so rührt das Licht von einem glühenden festen oder flüssigen 
Körper her; aus welchen chemischen Elementen der Körper besteht, läßt 
sich nicht erkennen. 
Ganz anders wird sich nun ein glühendes Gas verhalten, dessen Moleküle 
fast frei von gegenseitiger Störung schwingen können. Sie werden ganz 
bestimmte Schwingungen ausführen, immer von der gleichen Zeitdauer, wie 
das frei schwingende Pendel einer Uhr oder wie eine Stimmgabel, und wie 
bei letzterer immer ein und derselbe Ton erklingt, werden beim leuchten 
den Gase auch immer Lichtstrahlen von derselben Wellenlänge oder Farbe 
entstehen. Wie von dem Bau der Stimmgabel die Höhe des Tons abhängt, 
so wird hier die Wellenlänge von den physikalischen Eigenschaften der 
Atome abhängen, d. h. die verschiedenen Elemente werden im gasförmigen 
Zustande Licht von verschiedenen Wellenlängen aussenden. 
Im allgemeinen senden nun die elastischen Körper, wenn sie tönen, 
keineswegs wie die Stimmgabel nur einen Ton aus, sondern manchmal eine 
ganze Reihe von Tönen, von denen allerdings einer immer vorherrscht. Von 
dem Mitklingen der anderen Töne hängt die Klangfarbe ab, welche die Töne 
von sonst gleicher Höhe bei den verschiedenen Musikinstrumenten unter 
scheidet. Etwas Ähnliches finden wir bei der Lichtaussendung der glühen 
den Gase; auch hier vermögen die Moleküle meist mehrere Schwingungen 
auszuführen, unter Umständen sogar sehr viele, wie z. B. beim Eisendampfe, 
der mehrere Tausende von verschiedenen Schwingungen gleichzeitigaussendet. 
Wie eine solche Strahlung im Spektroskop sich verhält, ist klar. Jede 
verschiedene Schwingung erzeugt im Spektroskop ein besonderes Spaltbild, 
dessen Farbe von der Wellenlänge der betreffenden Schwingung abhängt; 
das Spektrum wird also aus isolierten hellen Linien bestehen. Wie das Ohr 
aus der Klangfarbe das tönende Instrument erkennen kann, so kann das 
Auge im Linienspektrum die Art des leuchtenden Gases erkennen. Zahl und 
Stellung der Linien ist charakteristisch für jedes einzelne chemische Element 
und für seine Verbindungen. Wir kommen hiermit zum zweiten Satze der 
Spektralanalyse: 
2. Gibt ein leuchtender Körper im Spektroskop ein Spektrum, das aus 
isolierten hellen Linien besteht, so befindet sich der strahlende Körper im 
gasförmigen Aggregatzustande. Die chemische Natur der Gase läßt sich aus 
der Zahl und der Stellung der Linien im Spektrum mit völliger Sicherheit 
erkennen. 
S cheiner-Graff, Astrophysik. 3. Aufl. 
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