72
A. .Die astrophysikalischen Forschungsmethoden
zu entwickeln. Aber es war klar, daß die ganze Fruchtbarkeit der Spektral
analyse erst durch die Kenntnis der J-Funktion offenbar werden, daß mit
ihr nicht bloß eine qualitative, sondern auch eine quantitative Spektralanalyse
geschaffen werden würde. Es gab zwei Wege, auf denen man zum Ziele ge
langen konnte, einmal den theoretischen, der auf einer Weiterentwicklung
der neueren Licht- und Elektrizitätstheorien beruhen mußte, dann den prak
tischen Weg, der an sich bereits vorgezeichnet war. Wir wollen uns erin
nern, daß die J-Funktion ja nichts anderes ist als das Emissionsvermögen
des absolut schwarzen Körpers in Abhängigkeit von Temperatur und
Wellenlänge.
Beide Wege sind beschritten worden, und das enge Ineinanderarbeiten
der theoretischen und der praktischen Physiker hat schließlich zum guten
Ende geführt. Die theoretischen Ergebnisse wurden unmittelbar durch die am
künstlichen schwarzen Körper erhaltenen geprüft und als richtig erkannt oder
als unrichtig verworfen. In praktischer Beziehung sind an erster Stelle zu
nennen Kurlbaum, Lummer und Pringsheim, in theoretischer Hinsicht Wien
und Planck. Letzterer hat den Schlußstein durch eine präzise und klare
mathematische Form gelegt, die unter dem Namen des PLANCKSchen Strah
lungsgesetzes vielseitige Verwendung findet. Die bedeutenden theoretischen
Schwierigkeiten der Lösung können an dieser Stelle nicht klargelegt werden;
auf eine praktische möge im folgenden kurz hingewiesen werden.
Die Strahlungen, die von sehr heißen Körpern ausgehen, sind sehr kräftig
und können leicht mit großer Genauigkeit gemessen werden, nicht aber die
Strahlungen von Körpern niedriger Temperatur, die besonders nach ihrer
spektralen Zerlegung außerordentlich schwach sind. Ihre Messung, die in
letzter Instanz auf der Temperaturerhöhung von Körpern beruht, die von der
Strahlung getroffen werden, ist daher ungemein schwierig. Ihre Nachweisung
oder gar Messung durch Thermometer ist ganz ausgeschlossen, und selbst
die sonst so empfindlichen Thermoelemente versagen fast gänzlich. Erst die
Anwendung der bolometrischen Meßmethode durch Langley hat hier zum
Ziele geführt.
Das Bolometer besteht im wesentlichen aus einem äußerst dünnen Platin
streifen (0.001 mm Dicke), dessen vordere Fläche berußt ist und die Strah
lung aufnimmt. Durch den Streifen wird ein schwacher elektrischer Strom
geleitet, dessen Stärke mit Hilfe einer Wheatstone sehen Brücke in einem
äußerst empfindlichen Galvanometer gemessen werden kann. Die Stromstärke
ist abhängig von dem Widerstande des Bolometerstreifens, der seinerseits
wieder von der Temperatur abhängt: mit steigender Temperatur nimmt der
Widerstand in gesetzmäßiger Weise zu, die Stromstärke und damit der Gal
vanometerausschlag ab.
Bringt man den Streifen langsam nacheinander an die verschiedenen Stel
len des Spektrums, so ist also auf dem angedeuteten Umwege durch die Ab
lenkungen der Galvanometernadel die Strahlungsenergie meßbar. Es ist auf
diese Weise möglich gewesen, Temperaturunterschiede von dem millionsten
Teile eines CELSiusgrades zu erkennen.
Die Strahlung besteht ihrem Wesen nach in einer Übertragung von Energie
durch den Raum hindurch; trifft sie auf einen vollständig absorbierenden
Körper, so geht sie als solche verloren und wird in Wärme umgesetzt, die